Man rationiere ein im Überfluss vorhandenes Gut, verpacke es in handliche Portionen und setze den Verkaufspreis bei einem Vielfachen an – nach diesem einfachen Rezept werden Verkaufsschlager geboren. Erst unlängst lobten wir einen solchen, kleine Salzpackerln fürs Nudelwasser, als unser persönliches "Produkt des Jahres" aus. Die Konsumentenschützer von Foodwatch konnten unsere Begeisterung wider Erwarten nicht ganz nachvollziehen und verliehen im August eine symbolische Trophäe als Werbeschmäh des Monats. Wir bitten nun höflichst um Ihr Verständnis, dass nach nur so kurzer Zeit erneut ein portioniertes Produkt unsere Herzen im Sturm erobern konnte. Es handelt sich um Grillkohle und Spreißelholz, die in leicht brennbaren Pappendeckel eingepackt werden.

Eine Kartonverpackung mit Holz und Kohle
Spreißelholz, Pappendeckel und Streichhölzer stehen einer großen Grillkohle-Portion hilfreich zur Seite.
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Also, starten wir zunächst einmal mit dem Rechenspiel: Zehn Kilogramm Grillkohle von guter Qualität, ohne einen allzu argen Aufschlag für Markenfetischisten eingerechnet, sind locker um 15 Euro zu kriegen. Dennoch erweckten bereits im vergangenen Sommer Briketts meine Aufmerksamkeit, von dessen Kauf mich weder die dreiste Deppensteuer noch das hohe Transportvolumen abhalten konnten. Ich entdeckte im Baumarkt meines Grauens (immer samstags bei Schönwetter, wenn alle auf einmal garteln und dafür Zubehör kaufen wollen) wunderbar würfelige Papppakete à ein Kilogramm Grillkohle um schlanke vier Euro das Stück, Abverkauf! Macht also statt 15 Euro für ein Zehn-Kilo-Sackerl stolze 40 Euro für die gleiche Menge. Woher stammt dann meine Begeisterung dafür, neben Kohle wie bei einer Hyperinflation mit beiden Händen Bargeld zu verbrennen?

Kohle schaufeln nach dem Urlaub

Verreist man etwa gerne mit seinem eigenen Kugelgrill in einem ausgeborgten Kastenwagen, gibt es Ladegut, das im Urlaub unnötig Arbeit verursacht: geöffnete Kohlesäcke zu Beispiel. Die stauben nicht nur das gesamte mitgenommen Gewand schwarz ein, sondern bleiben auch als rußige Bröckerln selbst im letzten Winkel des Fahrzeugs, das ja irgendwann wieder mal in blitzblank geputztem Zustand retourniert werden muss. Und wer will schon Kohle aus einem Camper schaufeln, wenn der erholsame Urlaub gerade erst zu Ende gegangen ist? Ist die Grillkohle dagegen in formschöne Quader gepackt, die wunderbar im Laderaum gestapelt und von dort wieder einfach einzeln entnommen werden können, freut das alle symmetrieverliebten Nerds, die nicht gerne putzen. Nun könnten auf Sparsamkeit getrimmte Praktiker einwerfen, warum nicht das billigste Grillkohlesackerl in eine staubdichte Plastikbox packen, die ebenfalls günstig im Baumarkt erworben wurde? Die Antwort: Die Plastikbox eignet sich nur bedingt als Anzünder und brennt nur ein einziges Mal! Mit Koks gefüllte Portionsboxen aus Pappe dagegen verbrennen rückstandslos und ergeben innert kürzester Zeit ein herrliches Glutbett für Grillgut.

Die guten Erfahrungen mit überteuerter, portionierter Grillkohle aus dem letzten Urlaub wollte ich selbstverständlich in den Sommer 2023 herüberretten. Bloß hatte heuer keiner der zahlreich abgeklapperten Baumärkte ein vergleichbares Produkt auf Lager. Also musste das Internet helfen. Ich entschied mich für die Light-Up-Box eines deutschen Händlers, die pro Einheit fast noch einmal um zwei Euro teurer ist. Der Fairheit halber muss erwähnt werden, dass da bei einem Gesamtgewicht von 2,5 Kilogramm neben Hartholzspreißeln und Zündern viel mehr Kohle drin ist. So konnte die gesamte Nachbarschaft auf dem Campingplatz nach meiner Grillerei auch noch ein halbes Schwein knusprig bekommen. Mein Resümee: Der Pappkamerad von faulen Grillmeistern funktioniert leider hervorragend, sogar bei Wind und Wetter, nach nur zehn Minuten gibt's eine ordentliche Glut. Wenn das so weitergeht und ich im kommenden Jahr zu einer noch teureren Version von abgepackter Grillkohle greife, werde ich mit großer Freude auf der Donauinsel grillen, weil ich mir das Wegfahren nicht mehr leisten kann. Oder auch nicht, wenn das Grillen auf öffentlichen Wiener Plätzen wegen Trockenheit wieder verboten werden muss. Das wird ein günstiger Sommer 2024! (Sascha Aumüller, 27.8.2023)