"Sehr zufrieden" zeigten sich die Produzenten des Kurz-Films nach dem ersten Wochenende. 4.067 Besucherinnen und Besucher habe es gleich an den ersten Tagen nach dem Start am Freitag, dem 8. September, in die heimischen Kinos gezogen. Für eine Dokumentation kein schlechtes Ergebnis. Das berichtete eine der beiden Produktionsfirmen, Pongo Film, am Montag danach unter Berufung auf den Analysedienst Comscore. Der Film über den ehemaligen ÖVP-Chef und Ex-Bundekanzler Sebastian Kurz hatte bereits im Vorfeld für Aufregung gesorgt.

Kurz schaut Kurz: Die beiden Altkanzler der ÖVP, Sebastian Kurz und Wolfgang Schüssel, bei der Filmpremiere im Artis.
Regine Hendrich

Am ersten Samstag, an dem der Film in den Kinos zu sehen war, soll die Dokumentation demnach mit 1.656 Besucherinnen und Besuchern ihren stärksten Tag gemessen an den Besucherzahlen gehabt haben. "In Bezug auf österreichische Kinodokumentarfilme stellt dieser Start ein gutes Ergebnis dar und spiegelt das hohe Interesse des Publikums an dieser politischen Thematik wider", hieß es in einer Aussendung der Produktionsfirma. Weitere österreichische Kinos würden den Film nun in ihren Spielplan aufnehmen wollen, hieß es. Und: Es gebe bereits auch Anfragen aus Deutschland und Südtirol.

Video: "Kurz - Der Film" - Zahlreiche türkise Prominenz bei Kino-Premiere
AFP

Leere Kinosäle

Doch die Besucherzahlen dürften geschönt worden sein, wie der "Falter" am Dienstag berichtet. Für den Erfolg beim Anlaufen soll von der zweiten Produktionsfirma, Opus R, getrickst worden sein. Dem "Falter" sollen mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Wiener Cineplexx-Kinos bezeugt haben, dass zwar massenweise Karten gekauft wurden, aber keine Besucher gekommen seien. Die Plätze habe der Verleih Opus R selbst gebucht. Opus R ist jene deutsche Produktionsfirma, die die Kurz-Dokumentation mit rund 500.000 Euro selbst finanziert haben will.

KURZ - Trailer
Der Trailer zum Kurz-Film.
Cineplexx

Laut dem Medienbericht sollen am Wochenende des Kinostarts rund 90 Tickets, eine halbe Stunde nachdem der Film bereits begonnen hatte, von einer Mitarbeiterin eingebucht worden sein – zum Sonderpreis von 5,50 Euro, der für Schulklassen oder Sonderveranstaltungen vorgesehen ist. Am Samstag, dem laut Produktionsfirma Pongo Film stärksten Tag, soll das bei drei Vorstellungen passiert sein. Dem "Falter" liegen Screenshots vor, die Plätze zeigen, die zu einem Sonderpreis gebucht wurden.

Cineplexx bestätigt Käufe 

"Bei Cineplexx gibt es spezielle Tarife für Gruppenbuchungen", heißt es dort auf STANDARD-Anfrage. Ab einer bestimmten Stückzahl könnten dabei Unternehmen, Vereine et cetera für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Mitglieder Tickets zu einem vergünstigten Preis kaufen. "Auch die Firma Opus R hat davon Gebrauch gemacht. Cineplexx wickelt die Käufe ab und stellt die Säle und Filme zur Verfügung. Was mit den gekauften Tickets passiert und wer sie nutzt, ist ausschließlich Sache des Käufers", erklärte ein Sprecher der Kinos.

Regisseur Sascha Köllnreitner gibt auf STANDARD-Anfrage an, von diesen angeblichen Vorgängen nichts zu wissen. "Ich kann mir das schwer vorstellen, weil die aktuellen Kinozahlen nicht überaus berauschend sind", sagt er. Der österreichische Produzent Michael Reisch hat dazu keine Informationen und kann dazu auch keine Auskunft geben, weil die Produktion für die Herstellung, aber nicht für die Verwertung und die Vermarktung des Films zuständig ist – er verweist auf den Verleiher Opus R.

Opus R spricht von Diffamierung

Dort heißt es auf STANDARD-Anfrage: "Wir wissen nicht genau, auf welche Zahlen sich der Bericht des 'Falter' bezieht." Da mehrere Promotion-Aktionen und PR-Events geplant waren, sei vonseiten der Produktionsfirma "ein Kartenkontingent erworben" worden. "Es ist bedauerlich, dass nun auch in der Filmbranche mit Diffamierungsmethoden, die man eigentlich nur aus der Politik kennt, gearbeitet wird. Das finden wir für die gesamte Filmbranche sehr schade", heißt es in einer Stellungnahme von Opus R.

"Kurz – der Film" ist eine von zwei Dokumentationen über den demnächst vor Gericht stehenden Altkanzler. Jene, die als Kurz-freundlich gilt. Sie bietet dem ehemaligen ÖVP-Chef die Möglichkeit, ausführlich seine Version seiner eigenen Geschichte zu erklären. Auch Vertraute und Wegbegleiter des ehemaligen Kanzlers kommen zu Wort – Kritikerinnen und Kritiker hingegen kaum. Anders ist das bei dem Film "Projekt Ballhausplatz" von Kurt Langbein. Dieser soll am kommenden Freitag, dem 21. September, in den Kinos starten.

"Projekt Ballhausplatz" (2023) | Offizieller Kinotrailer
Tailer für den anderen Kurz-Film "Projekt Ballhausplatz" von Kurt Langbein.
Langbein & Partner

Doch wie kam es zu dem zweiten Film über den Ex-Kanzler? Viele waren überrascht, als "Kurz – der Film" plötzlich aufpoppte. Ein riesiges Werbeplakat an der Wiener Donaumarina kündigte die Dokumentation unter der Regie von Köllnreitner kurz vor dem Kinostart an. Köllnreitner war zuvor vor allem für Sport- und Werbefilme bekannt. ÖVP-nah sei der Film nicht, befand Produzent Reisch – trotz gegenteiliger Kritik. Weder sei Geld von oder aus dem Umfeld der ÖVP geflossen noch von Kurz selbst.

Plötzlich war es da: Das Kinoplakat zum unangekündigten "Kurz-Film".
Martin Putschögl

Auch die Vorwürfe, dass angeblich Interviewpartner unter "Vorspiegelung falscher Tatsachen" gelockt worden seien, wies Reisch entschieden zurück. In dem Film haben der ehemalige Kanzler der SPÖ, Christian Kern, sowie Neos-Mandatarin Stephanie Krisper und der Investigativjournalist Michael Nikbakhsh zwar kurze Auftritte. Letzterer sprach bei der Presseaufführung aber von einem "Legerl", weil ihm gegenüber eine Produktion für einen Streamingdienst suggeriert worden sei. (ook, jth, 19.9.2023)