Von welchen Medienmenschen wird man 2024 mehr hören? Gut möglich, dass man in einem Wahljahr mit möglicher Regierungsbeteiligung der FPÖ, womöglich Kanzlerschaft von FPÖ-Chef Herbert Kickl, mehr von Kathrin Zierhut-Kunz hört. Die Medienmanagerin wurde schon mehrfach als mögliche Finanzdirektorin für den ORF gehandelt, 2019 wurde sie mit blauer Unterstützung Personalchefin des ORF. Derzeit ist Zierhut-Kunz Co-Geschäftsführerin des Spartensenders ORF 3.

Kathrin Zierhut-Kunz, ORF-3-Geschäftsführerin.
Gilt als FPÖ-nahe Personalreserve im ORF: Kathrin Zierhut-Kunz, ORF-3-Geschäftsführerin.
ORF Thomas Ramstorfer / Bearbeitung: Otto Beigelbeck

Draht ins Blaue

Die blaue Personalreserve im und für den ORF ist traditionell nicht sehr groß, ob nun Parteimitglieder, Parteinahe oder auch nur mit Vertrauensverhältnis zum freiheitlichen Lager. Der inzwischen ausgeschiedene ORF-Manager und nunmehrige Kommunikationsberater Thomas Prantner hatte jedenfalls auch zur FPÖ gute Verbindungen. Der Journalist Matthias Schrom hatte einen guten Draht zum früheren FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Chats mit ihm kosteten Schrom den Chefredakteursjob, er leitet heute im ORF den Bereich Smart Producing.

Kathrin Zierhut-Kunz war um 1995 Bezirksrätin der FPÖ, der damalige FPÖ-Generalsekretär Herbert Scheibner soll sie in die Politik geholt haben, vorübergehend auch in diese politische Funktion.

Die Magistra der Handelswissenschaften war Steuerberaterin, 2009 kam sie in den ORF, mit verschiedenen Funktionen in der Finanzdirektion, etwa im Beteiligungsmanagement von Tochterfirmen. Ab Ende 2010 war Richard Grasl Finanzdirektor, heute nach seinem Abschied aus dem ORF nach verlorener Generalswahl 2016 Vizechefredakteur des Kurier und Geschäftsführer des Profil. 2015 wechselte Zierhut als Leiterin Finanzen und Personal zur ORF-Tochterfirma ORF Marketing & Creation GmbH.

Türkis-blaue Perspektiven

Während der türkis-blauen Regierung von Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache ab 2017 versuchte ORF-General und Sozialdemokrat Alexander Wrabetz ÖVP und FPÖ mit Personalbesetzungen entgegen- und seiner vorzeitigen Ablöse zu entkommen. Er strich den Chefredakteursjob eines der Sozialdemokratie nahestehenden TV-Chefredakteurs und installierte zwei bürgerliche Channelmanager für ORF 1 und ORF 2 sowie einen bürgerlichen Chefredakteur und einen, den die FPÖ fair fand – eben Matthias Schrom.

Der – im ORF gemeinhin mächtigen – Funktion des ORF-Personalchefs galt besonderes Interesse von FPÖ und Norbert Steger, dem ORF-Kenner und freiheitlichen Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrats. Alleingeschäftsführer Wrabetz besetzte in zwei Schritten: Ab September 2018 leitete Zierhut erst einmal die neu geschaffene Funktion Human Resources, Anfang 2019 schrieb Wrabetz für sie nach einer kleinen Ewigkeit ohne Personalchef diese mächtige Position im ORF aus.

Ibiza statt ORF-Gesetz

Wäre nicht im Mai 2019 eine heimliche Videoaufnahme von Heinz-Christian Straches Übernahmefantasien für Krone und Co dazwischengekommen, Kathrin Zierhut hätte gute Chancen gehabt auf eines der drei bis vier Vorstandsmandate im ORF, die der fixfertige türkis-blaue Entwurf für ein ORF-Gesetz damals vorsah. Die Regierung platzte, der Entwurf blieb in einer Schublade des Kanzleramts oder endete in einem Festplattenschredder der Firma Reißwolf.

2021, bei der Bestellung der ORF-Direktion, regierte die ÖVP schon mit den Grünen, die laut Regierungssidelettern ein Vorschlagsmandat für die Direktorien TV und Finanzen hatten. Sie schlugen die bisherige ORF-3-Finanzgeschäftsführerin Eva Schindlauer vor. Und für die Leitung von Personal und Administration hatte der neue ORF-Generaldirektor Werner Dujmovic vorgesehen. Kathrin Zierhut willigte schließlich ein, die Co-Geschäftsführung von Peter Schöber bei ORF 3 zu übernehmen. Die Transparenzvorschriften im neuen ORF-Gesetz dürften ab 2024 auch öffentlich zeigen, wie schön dotiert die Geschäftsführerjobs dort heute sind.

Bei ORF 3 muss es, je nach politischer Großwetterlage 2024, nicht bleiben. (Harald Fidler, 10.12.2023)