Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt hat schon im November einen neuen Akt in der Causa Finanzskandal FPÖ Graz angelegt, in dem es auch um Ermittlungen wegen Untreue (Paragraf 153 StBG) in der von Mario Kunasek geführten Landespartei geht. Wörtlich um "Verantwortliche der FPÖ Steiermark", die aber namentlich nicht bekannt seien. Ein STANDARD-Bericht hatte am Mittwoch nicht nur die Existenz dieses neuen Akts, sondern auch eine aus dem August stammende Anregung der Kripo publikgemacht, der die Staatsanwaltschaft nie Folge geleistet hat.

Landesparteiobmann Mario Kunasek (FPÖ) während des Neujahrstreffen der FPÖ am Samstag, 13. Jänner 2024, im Schwarzl Freizeitzentrum in Premstätten.
Für den Landesparteiobmann der steirischen FPÖ, Mario Kunasek, erhöht sich der Druck in der blauen Finanzcausa .
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In der Anregung wurde eine Hausdurchsuchung beim Freiheitlichen Akademiker Verband (FAV) Steiermark empfohlen, dessen Geschäftsführer Ex-FPÖ-Gemeinderat Heinrich Sickl ist. Der FAV gab auch das 2018 eingestellte Burschenschaftermedium "Aula" heraus. Der FAV ist heute am rechtsextremen "Freilich"-Magazin beteiligt. Die Kripo gab detailliert an, warum sie die Hausdurchsuchung sowie darüber hinaus die Sicherstellung der Buchhaltung der Landes-FPÖ für nötig hielte. Trotzdem passierte beides nicht.

"Verworfen"

Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt konnte am Mittwoch dazu keine Erklärung abgeben, doch am Donnerstag bekam DER STANDARD folgende Antwort: "Richtig ist, dass eine Hausdurchsuchung bei einem Medienunternehmen angeregt wurde und eine allfällige Sicherstellung bei der FPÖ Steiermark; beide Ansinnen wurden anlässlich einer Dienstbesprechung mit Kriminalpolizei, Gutachter und Staatsanwaltschaft verworfen."

Dass die Kripo oder Gutachter Ingo Gruss, der in seinem Gutachten ein "hohes Maß an Verschleierungsenergie" in der Causa FPÖ Graz beschrieb, plötzlich ihre Meinung geändert hätten, wäre überraschend. Vielmehr scheint die Anklagebehörde kein Interesse an den geforderten Maßnahmen gehabt zu haben.

Die Nationalratsabgeordnete Stephanie Krisper (NEOS) am Freiatag, 15. Dezember 2023, im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates im Parlament in Wien.
Stephanie Krisper von den Neos.
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"Die Justiz ist als Herrin des Verfahrens in der Verantwortung", kommentiert die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper, die einige parlamentarische Anfragen in der Causa an Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadić (Grüne) eingebracht hat.

Krisper weiter: "Wir sehen einmal mehr, dass die FPÖ nur für sich und ihresgleichen arbeitet. Um dies aufzuklären, wäre eine rasche und lückenlose Ermittlung wichtig gewesen – ohne Verschleppung des Verfahrens. In diesem Fall kam es leider schon zu unfassbaren Verzögerungen."

"Ergebnisse verschleiert"

Krisper räumt zwar ein, dass nun auch auf Druck ihrer Partei mehr ermittelt werde, kritisiert aber: "Es irritiert äußerst, dass dafür nun Ergebnisse verschleiert werden. Wir werden daher weiterhin ein Auge darauf haben. Denn es geht darum, dass Politiker vor der Justiz nicht gleicher als andere sind und daher die Bevölkerung nicht zu Recht in bestehendem Misstrauen bestärkt wird."

Sabine Schatz ist SPÖ-Nationalratsabgeordnete.
SPÖ-Nationalratsabgeordnete Sabine Schatz.
Privat

Auch die SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz reagierte am Donnerstag auf die neuen Entwicklungen in der Causa. Schatz beschäftigt der Umstand, dass es "zur illegalen Finanzierung deutschnationaler Burschenschaften gekommen" sein könnte, "wir fordern hier endlich rasche Aufklärung ein". Die Sozialdemokratin brachte am Donnerstag zwei parlamentarische Anfragen mit dem Titel "Finanzierung von Burschenschaften durch die Grazer FPÖ" an Zadić und Karner ein.

Alexis Pascuttini, Klubobmann des KFG, des Korruptionsfreien Gemeinderatsklubs Graz, der sich aus Ex-FPÖ-Mandataren zusammensetzt, veröffentlichte am Donnerstag ein Video mit einer Stellungnahme. Pascuttini schreibt bekanntlich an einem "Aufdeckerbuch" über seine Ex-Partei und fordert immer wieder vehement, die Causa gänzlich aufzuklären.

Video: Stellungnahme von KFG-Klubobmann Alexis Pascuttini..
KFG

Pascuttini gab – nicht ganz ironiefrei – bekannt, dass er, weil die Staatsanwaltschaft offenbar nicht wisse, wer die Verantwortlichen in der FPÖ Steiermark seien, "Licht in dieses Dunkel bringen" wolle. Er habe seinen Anwalt Michael Dohr daher angewiesen, der Behörde eine Liste "von Personen, die möglicherweise im Tatzeitraum in Verantwortung in der FPÖ Steiermark waren", zu übermitteln – samt der Homepage der FPÖ Steiermark, wo man das Parteipräsidium abrufen kann.

Pascuttini kritisiert in dem Video auch, dass der KFG im Vorjahr von der "StA Klagenfurt zu Unrecht aus dem Verfahren ausgeschlossen" wurde, weil Kunasek das so gewünscht habe. Pascuttini, der – wie berichtet – dagegen vorging und vor dem Oberlandesgericht Recht bekam, will die dem KFG dadurch entstandenen Kosten refundiert haben.

Spitzenkandidatin Sandra Krautwaschl (links) und Klubobmann Lambert Schönleitner im Rahmen des Wahlkampf-Auftaktes der Grünen am Freitag, 25. Oktober 2019.
Der grüne Landtagsabgeordnete Lambert Schönleitner hier mit der grünen Klubchefin Sandra Krautwaschl.
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"Es ist völlig absurd, dass man nicht weiß, wer die Betroffenen in der Landespartei sind, gegen die da ermittelt wird", sagt am Donnerstag auch der Landtagsabgeordnete der steirischen Grünen Lambert Schönleitner zum STANDARD. "Mario Kunasek wäre als Landesparteiobmann gut beraten, wenn er selbst die nötige Transparenz herstellt. Er hat hier Verantwortung."

Claudia Klimt-Weithaler, KPÖ-Klubchefin in der Steiermark.
Claudia Klimt-Weithaler, KPÖ-Klubchefin in der Steiermark.
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Ähnlich ist auch der Befund der KPÖ-Klubchefin im steirischen Landtag, Claudia Klimt-Weithaler: "Bei jenen, die immer über Transparenz reden, lässt diese offensichtlich in den eigenen Reihen zu wünschen übrig." Für sie sei es "vollkommen unverständlich, dass die Ermittlungen so schleppend verlaufen, wir fordern eine rasche, lückenlose Aufklärung".

Auch die ÖVP beobachtet die Causa nun mit Interesse. "Bei den eigenartigen und nicht nachvollziehbaren Vorgängen in der Staatsanwaltschaft Graz und Staatsanwaltschaft Klagenfurt stellt sich unter anderem auch eine zentrale Frage: Wo ist die Fach- und Dienstaufsicht?", will am Donnerstag ÖVP-Nationalratsabgeordneter Andreas Hanger wissen. Hanger wird, wie berichtet, die Causa auch zum Thema in einem Untersuchungsausschuss im Parlament machen.

Andreas Hanger (ÖVP) am Donnerstag, 11. Jänner 2024, anl. der Konstituierenden Sitzung des COFAG-U-Ausschusses im Parlament in Wien.
Nationalratsabgeordneter Andreas Hanger (ÖVP).
APA/HELMUT FOHRINGER

Die FPÖ kommuniziert mit dem STANDARD über ihren Anwalt Christoph Völk. Dieser schreibt auf die Frage, ob die Landespartei von der Anklagebehörde über den neuen Ermittlungsakt in Kenntnis gesetzt wurde: "Nein, die Landespartei wurde weder vom Verfahren noch vom zugrundeliegenden Sachverhalt in Kenntnis gesetzt."

Es gilt die Unschuldsvermutung. (Colette M. Schmidt, 18.1.2024)