Der Ministerrat hat am Mittwoch Peter Westenthaler als Mitglied des ORF-Stiftungsrats formell bestellt. Westenthaler wurde von der FPÖ auf deren Parteimandat im obersten ORF-Gremium nominiert.

Die rechtliche Prüfung des Bundeskanzleramts verlief kurz, ob Westenthalers nach dessen Angaben unentgeltliche wöchentliche Auftritte bei oe24.TV der Fellner-Gruppe mit der Funktion vereinbar sind. Die Tätigkeit als Kommentator bei der Mediengruppe Österreich steht demnach der Aufsichtsfunktion nicht entgegen.

Mehrere Quellen bestätigten dem STANDARD am Mittwoch die formelle Bestellung Westenthalers. Rechtzeitig zur Sitzungswoche des ORF-Stiftungsrats kommende Woche. Inzwischen liegt auch das Protokoll des Ministerrats vor. Westenthaler wurde für den Rest der laufenden Funktionsperiode des Stiftungsrats bestellt – regulär läuft sie bis Frühjahr 2026. Der Verfassungsgerichtshof verlangt eine Novellierung der Bestellungsvorschriften für einen Teil der Stiftungsräte bis Ende März 2025. Eine Neuregelung könnte zu einer früheren Neubestellung des gesamten Gremiums führen.

Peter Westenthaler im STANDARD-Interview zu seiner neuen Funktion.
Peter Westenthaler im STANDARD-Interview zu seiner neuen Funktion.
Lea Sonderegger

Vorwurf "politischer Agitation"

Westenthaler kündigte im STANDARD-Interview am Wochenende an, er werde kommende Woche im Stiftungsrat eine lange Liste von – aus seiner Sicht – politischer Schlagseite in der ORF-Berichterstattung zuungunsten der FPÖ präsentieren. Er erwarte Erklärungen dazu von ORF-General Roland Weißmann. Westenthaler wirft dem ORF und seiner Information, insbesondere Armin Wolf auf X (Twitter), "politische Agitation" vor.

"Haltlose" Vorwürfe

Der ORF-Redaktionsrat wies Westenthalers Angriffe, Behauptungen und Vorwürfe am Montag in einer Stellungnahme als "haltlos" zurück. Der Redakteursrat erinnerte Westenthaler daran, "dass er als Stiftungsrat gemäß ORF-Gesetz ausschließlich im Interesse des Unternehmens zu agieren hat und nicht im Interesse oder Auftrag der ihn entsendenden politischen Partei". Von der Regierung forderten die ORF-Redakteure eine Prüfung von Westenthalers Nominierung. Die Bestellung am Mittwoch spricht dafür, dass diese Prüfung keine Widersprüche zum Mandat im obersten ORF-Organ gefunden hat.

Westenthaler rechnet mit baldiger Generalswahl

Westenthaler erklärte im STANDARD-Interview, er rechne binnen 15 Monaten mit einer Neubestellung des ORF-Managements, "wie wir das 2001 gemacht haben". Österreich muss bis Ende März 2025 neue gesetzliche Regelungen für die Bestellung der ORF-Stiftungsräte – insbesondere der von der Regierung und vom Publikumsrat entsandten – beschließen. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Frist zur Reparatur gesetzt, als er 2023 einen Teil der Regelungen für Stiftungsräte als zu regierungsnah und damit verfassungswidrig aufgehoben hat. Eine solche Ablöse des ORF-Managements nach Neuregelungen an den Gremien liegt in der Entscheidung des Gesetzgebers und ist nicht rechtlich zwingend, sagen renommierte Rundfunkrechtler auf STANDARD-Anfrage.

Eine Änderung des ORF-Gesetzes zum Aufsichtsorgan nutzte die Koalition von ÖVP und FPÖ 2001, um ORF-General Gerhard Weis ein Jahr vorzeitig abzulösen und Monika Lindner an die ORF-Spitze zu setzen.

2006 wiederum gaben die BZÖ-Stiftungsräte – gegen Regierungspartner ÖVP und unter der Regie Westenthalers – den Ausschlag für die Ablöse der ÖVP-Kandidatin Monika Lindner durch den Sozialdemokraten Alexander Wrabetz. Westenthaler erklärt das mit dem nach seiner Wahrnehmung ÖVP-freundlichen und FPÖ-feindlichen damaligen ORF-Chefredakteur Werner Mück.

Die derzeit 35 ORF-Stiftungsräte bestellen mit einfacher Mehrheit ORF-Generaldirektor oder -Generaldirektorin, Direktorinnen und Direktoren in Zentrale und Landesstudios alle fünf Jahre, die aktuelle Amtszeit des Managements läuft regulär bis Ende 2025. Der Stiftungsrat beschließt jährlich mit einfacher Mehrheit Budgets und Programmschemata des ORF, er trifft grundsätzliche unternehmerische Entscheidungen. (fid, 28.2.2024)