Vieles läuft gut in Österreichs Gemeinden, das muss man einmal festhalten. Wenn sich ein Bürgermeister privat an Geschäften in der eigenen Gemeinde bereichert, sorgt das gleich für Aufregung. Dass solche Dinge nicht schulterzuckend hingenommen werden, zeigt zumindest: Fälle wie der nun bekannt gewordene Deal in Pyhra, wo ein Bürgermeister einen satten Umwidmungsgewinn eingestreift hat, sind die Ausnahme, nicht die Regel. Das heißt aber nicht, dass man aus diesen Anlässen nicht lernen sollte.

Die Aufschrift
In Österreichs Kommunen funktioniert vieles gut. Einzelfälle sorgen aber für berechtigten Ärger.
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Die meisten Kommunen haben sich in den vergangenen Jahren deutlich professionalisiert, Bürgermeisterin oder Bürgermeister zu sein ist zu Recht ein angesehener Managementjob mit viel Verantwortung.

Berechtigter Ärger

Gut ist auch, dass Gemeinden nicht nur Verwaltungseinheiten sind, sondern per demokratischen Beschluss im Gemeinderat auch politisch gestalten. Dass die Bürgerinnen und Bürger vor Ort ihre Gemeinde zumindest mittelbar mitentwickeln, wird der demokratischen Idee gerecht.

Auch wenn der Ärger über Eskapaden wie in Grafenwörth, Wien, Vösendorf und Pyhra berechtigt ist: Kommunen die Gestaltungsmöglichkeiten zu nehmen löst das Problem nicht. Es ist gut, dass Bürgermeister und Gemeinderätinnen Verantwortung tragen. Sie müssen dieser aber auch gerecht werden. Und um das sicherzustellen, braucht es eine mit Rechten und Ressourcen gut ausgestattete Kontrolle. Dabei geht es nicht nur um mutmaßlich private Geschäfte der Gemeinde mit ihrem Bürgermeister, sondern auch um einen vernünftig geführten Haushalt und eine intelligente, ressourcenschonende Raumordnung.

Beißhemmung unter Parteifreunden

Besonders Niederösterreich hat Nachholbedarf bei der effektiven Kontrolle seiner 573 Städte und Gemeinden. Als einziges Bundesland erlaubt es seinem Landesrechnungshof nicht, Kommunen unter 10.000 Einwohnern zu prüfen. Die Gemeindeaufsicht in der Landesregierung ist farblich aufgeteilt: ÖVPlerinnen prüfen ÖVPler und SPÖler prüfen SPÖlerinnen. Überbordendes Engagement darf man sich von solchen Prüfern nicht erwarten.

Aber auch in den übrigen Bundesländern muss den Gemeinden genauer auf die Finger geschaut werden. Wahnwitzige Chalet-Dörfer und teure Fehlinvestitionen bieten ausreichend Anlass für die Frage, ob kommunalpolitische Entscheidungen stets im Sinne der Allgemeinheit getroffen werden. Die Systeme wären ja da: Die Landesrechnungshöfe können (meistens) Prüfer schicken, haben aber begrenzte Kapazitäten. Die Landesregierungen sind zur Kontrolle verpflichtet, leiden aber oft an Beißhemmung – besonders unter Parteifreunden.

Lehren aus den Kapriolen

Und dann hat ja jeder Gemeinderat auch einen Prüfausschuss. Der sollte das kommunale Gebaren im Auge haben. Nun ist in einigen Gemeinden überhaupt nur eine Partei im Ortsparlament vertreten; eine scharfe Kontrolle ist dementsprechend schwierig. Aber auch dort, wo die Opposition die Prüfagenden überhat, wird oft nicht genau hingeschaut – oder gar laut aufgeschrien. Denn das erfordert Courage, die oft fehlt, wenn der Bürgermeister auch ein Nachbar ist.

Gute Gemeindepolitik braucht Politikerinnen und Politiker mit Gestaltungswillen und Verantwortungsbewusstsein. Aber eben auch Menschen und Institutionen, die darauf schauen, ob die Politik ihrer Verantwortung gerecht wird. Dass das besser gelingen muss, sollte die Lehre aus den kommunalen Kapriolen der vergangenen Monate sein. (Sebastian Fellner, 6.3.2024)