Josef Trappel ist Professor für Medienpolitik und Medienökonomie und leitet den Fachbereich Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg,

Foto: Uni Salzburg / Trappel Illustration: Armin Karner

Die Prognose von Medienwissenschafter Josef Trappel (Uni Salzburg)

Was erwarten Sie 2021 für Österreichs Medienbranche? Was sind Ihre Hoffnungen und Wünsche, was Ihre Befürchtungen? derStandard.at/Etat hat Medienmanagerinnen und -manager, Journalistinnen und Journalisten sowie Expertinnen und Experten aus Österreichs Medien- und Kommunikationsbranche und -wissenschaft mit einem Online-Fragebogen um ihre Beiträge gebeten. Sie konnten wählen, ob sie namentlich antworten, wenn wir sie zitieren dürfen, oder anonym. Die namentlich beantworteten Fragebögen veröffentlichen wir in diesen Tagen.

"Modell Benko oder auch Orbán"

Hier die Prognosen von Josef Trappel, Professor für Medienpolitik und Medienökonomie und leitet den Fachbereich Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg:

Was kommt 2021 auf die Medienbranche zu? Bitte verraten Sie uns Ihre Erwartungen über Entwicklungen, Herausforderungen etc.!

"Schwere Zeiten wegen ausbleibender Werbung im ersten Halbjahr, gute Zeiten mit Nachhol-Effekten im zweiten Halbjahr. Am Ende des Jahres 2021 daher kein schlechtes Jahr, aber auch kein Wachstum.

Die Boulevardmedien 'Heute' und 'oe24' hängen noch mehr vom Tropf der staatsnahen Inserate ab, aber Widerstand wird sich regen.

Die 'Kronen Zeitung' verliert weiter Auflage, bleibt aber größte Tageszeitung.

Medienpolitisch fallen im ORF ein paar Personalentscheidungen und eine Revision des ORF-Gesetzes macht Schluss mit digitalen Dummheiten (wie der 7-Tage-Regel).

Zumindest ein Entwurf eines neuen Förderungsgesetzes ist zu erwarten. Die Regierung wird Qualitätskritierien in den Entwurf aufnehmen. Die Mittel für die Förderung werden spürbar aufgestockt. Die "Digitalsteuer" bringt mehr ein als geplant und fließt zumindest zum Teil in die neue Förderung."

Was sollte 2021 (aus Ihrer Sicht auf die Medienbranche) geschehen? Bitte verraten Sie uns Ihre Hoffnungen (und warum Sie darauf hoffen)!

"Dringend soll ein neues Förderungsgesetz nach Qualitätskriterien und Professionalisierungsgesichtspunkten verabschiedet werden. Idealerweise unter Einbezug der PR-Mittel für die Regierungsarbeit. Das wäre ein medienpolitischer Befreiungsschlag."

Was sollte 2021 (aus Ihrer Sicht auf die Medienbranche) nicht passieren? Bitte verraten Sie uns Ihre Befürchtungen (und warum Sie das befürchten)?

"... dass regionale Tageszeitungen ökonoisch untergehen. Das ist nicht ausgeschlossen und wird irgendwann passieren, wenn kein medienpolitisches Gegensteuer kommt.

Eine weitere Übernahme wichtiger österreichischer Medien durch entweder ausländische Medienkonzerne (Modell Pro7Sat1), oder durch Oligarchen (Modell Benko, oder auch Orbán)."

Wie werden sich Covid-19, die Pandemie und die Maßnahmen dagegen auf die Medienbranche auswirken – 2021 und, wenn Sie das erwarten, auch in den Jahren danach?

"Der Nachholeffekt ist nicht zu unterschätzen. Die Konsumgüterindustrie wird durch aggressive Werbeschaltungen und hohen Werbedruck den Nachholkonsum auf die eigenen Produkte und Marken zu lenken versuchen. Davon profitieren die werbeführenden Medien, allen voran allerdings die digitalen Plattformen."

"Digitalförderung auch für Start-ups"

Weitere Prognosen von Josef Trappel zu unseren Detailfragen im Überblick:

  • Trappel rechnet mit der Wiederwahl von Alexander Wrabetz zum ORF-Chef. Er hofft auf ORF-Reform, "vor allem eine Entpolitisierung des Stiftungsrates und eine Erleichterung für digitale Aktivitäten. Ersteres ist leider unter ÖVP-Führung sehr unwahrscheinlich, Letzeres möglich."
  • Der Medienwissenschafter rechnet mit einer weiteren Corona-Sondermedienförderung: "Mit den Lockdowns ist es noch nicht vorbei. Zumindest die ersten drei Monate 2021 bleiben ökonomisch problematisch, die Medien werden sich daher erneut um Sonderförderung anstellen." Sonderförderungen würden den Medienhäusern "das Überleben 2021 sichern".
  • Eine geplante Digitalförderung sollte "neben den bestehenden Medien auch in kleinem Umfang digitale Start-ups" unterstützen.
  • Trappel hofft auf Qualitätskriterien und Teilnahme an Branchenselbstkontrolle als Bedingungen für Medienförderungen und öffentliche Werbebuchungen.
  • Wie werden sich Dietrich Mateschitz' Medienaktivitäten weiter entwickeln? "Keine Prognose möglich, weil ich nicht in die Launen des Herrn Mateschitz hineinsehe. Alles ist möglich."
  • Trappel erwaret keine wesentlichen Veränderungen Österreichs in der Weltrangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen: Für die Pressefreiheit ist keine weitere Einschränkung zu erwarten", die "Vermachtungsrate" bleibe "konstant hoch".
  • Mit einer Zunahme der Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten rechnet er nicht.

(Harald Fidler, Daniela Yeoh, 1.1.2021)