Im Gastkommentar spricht sich Elisabeth Zehetner, Geschäftsführerin des Thinktanks Oecolution, gegen eine Politisierung und Moralisierung des Wissenschaftsbetriebs aus.

"Scientists for Future" bei einer Protestaktion der Letzten Generation Anfang Jänner in Wien.
Foto: APA / Georg Hochmuth

In ihrem Gastkommentar "Klimakrise: Das überholte Mantra von einer politisch indifferenten Wissenschaft" kommen die Boku-Mitarbeiter Georg Gratzer, Patrick Scherhaufer und Reinhard Steurer zum Schluss, dass "die Übereinkunft zwischen Wissenschaft und Gesellschaft gebrochen ist"; sie rufen dazu auf, dass Forscherinnen und Forscher "ihre Komfortzonen" verlassen sollen, um wirksamer zu sein; und sie verabschieden sich vom "Mantra von einer evidenzbasierten, aber politisch indifferenten Wissenschaft". Damit verabschiedet sich das Autorentrio aber auch vom heimischen und europäischen Wissenschaftssystem. Denn klar ist, dass ihr großes Anliegen, "Probleme und Blockierer beim Namen (zu) nennen", für hochdotierte Wissenschaft ein fragwürdiges Schmalspurprogramm wäre.

"Die pseudo-akademische Legitimation von Klimaklebern wird uns eher nicht helfen."

Von der Wissenschaft wollen und brauchen wir mehr: Lösungen für die Zukunft, die wirklich wirken. Die die gemeinsame Erreichung großer gesellschaftlicher Anliegen und Bestandsvoraussetzungen unseres Lebensmodells – Wohlstand, soziale Sicherheit, Umweltschutz – ermöglichen. Die Erweiterung unserer Wissens- und Handlungsmöglichkeiten – und nicht deren Limitation und Restriktion.

Dafür spielt die Wissenschaft eine zentrale Rolle – immer schon, und auch in Zukunft. Und wir tun alle gut daran, schon aus diesen Gründen die in Österreich grassierende Wissenschaftsskepsis sowie das schlichte Desinteresse an Wissenschaft zu überwinden. Die pseudo-akademische Legitimation von Klimaklebern wird uns daher eher nicht helfen.

Jenseits irgendwelcher "Komfortzonen"

Vor allem: Sie wird auch den großartigen wissenschaftlichen Leistungen und der Exzellenz vieler Forscherinnen und Forscher in Österreich nicht gerecht, die sich in ihrer Arbeit – vollkommen jenseits von irgendwelchen "Komfortzonen" – für neue Problemlösungen einsetzen, die Klima und Menschen zugutekommen: von synthetischen Treibstoffen über grünen Wasserstoff bis hin zu Speichertechnologien für erneuerbare Energien. Das und viele andere Forschungsbereiche sind die tatsächlichen Gamechanger für unsere Zukunft.

Und in diese Zukunftsbereiche müssen auch mehr Mittel fließen, weil sie ja nicht nur in Österreich, sondern auch international wichtige Hebel für den Klimaschutz sind. Mit neuen Technologien und Lösungen können wir weltweit etwas bewegen. Die österreichische Umwelttechnikbranche schreibt heute schon internationale Erfolgsgeschichten, die wir durch verstärkte Bemühungen in Wissenschaft und Forschung massiv ausweiten können und müssen.

Problemlösungen sind von einer Politisierung und Moralisierung des Wissenschaftsbetriebs nicht zu erwarten. Sondern eher weitere Probleme, was die Akzeptanz und Glaubwürdigkeit der Wissenschaft betrifft. Und das wäre definitiv ein Holzweg für Österreichs Zukunft. (Elisabeth Zehetner, 7.2.2023)