Stiftungsratschef Lothar Lockl (Grüne) spricht von einem "guten Gesamtpaket und einem guten Kompromiss für den ORF, aber auch für die privaten österreichischen Medien".

Foto: APA / Georg Hochmuth

Wien – Wie sieht Lothar Lockl, der grüne Vorsitzende des ORF-Stiftungsrats, das am Donnerstag in Begutachtung gegangene ORF-Gesetz mit einem ORF-Beitrag für alle und zusätzlichen Möglichkeiten für Streamingproduktionen? Lockl sieht im Gespräch mit dem STANDARD ein "gutes Gesamtpaket im Interesse des Publikums", das dem ORF finanzielle Grundlagen und Planungssicherheit gebe.

ORF-Beitrag für alle

Ab 2024 kommt ein ORF-Beitrag unabhängig vom Empfang, 15,30 Euro pro Hauptwohnsitz und Betriebsstätte von Unternehmen werden fällig. 710 Millionen Euro soll diese Haushaltsabgabe dem ORF bringen, für drei Jahre bis 2026 – mit Ausnahmen – auf diesen Wert fixiert. Zusätzlich erhält der ORF zeitlich befristet den mit dem Beitrag entfallenden Vorrsteuerabzug von der Republik abgegolten, der derzeit rund 60 bis 70 Millionen ausmacht. Die "Kompensation" des Bundes, bis 2026 um weitere zehn Millionen aufgestockt, gibt es für Sparmaßnahmen und die Weiterführung des RSO und von ORF Sport Plus.

Der ORF sei mit dem geplanten Gesetz und dem ORF-Beitrag "finanziell nachhaltig aufgestellt", sagt Lockl, zugleich bekomme er "neue digitale Möglichkeiten, um ein jüngeres Publikum zu erreichen". Er werde unter dem Strich "österreichischer, digitaler, jünger und moderner im Programmangebot".

"Guter Kompromiss"

Lockl spricht von einem "guten Gesamtpaket und einem guten Kompromiss für den ORF, aber auch für die privaten österreichischen Medien, vor allem Qualitätsmedien". Er meint etwa geplante Werbebeschränkungen im Radio und Online für den ORF, Obergrenzen für Textbeiträge und Videobeiträge auf ORF.at, das sich laut Entwurf mit "Kurzberichterstattung" deutlicher von digitalen Zeitungs- und Zeitschriftenangeboten unterscheiden muss.

Der Kommunikationsberater erkennt in der geplanten Novelle eine "letzte Möglichkeit, moderne Rahmenbedingungen zu schaffen für den ORF, aber auch die Privatmedien". ORF wie private Medien stünden übermächtigen Mitbewerbern gegenüber, nämlich US-Tech-Konzernen, die er als "digitale Heuschrecken" beschreibt, als "Datenkraken und Werbekraken, die den Werbemarkt systematisch kahlfressen".

Druck internationaler Tech-Konzerne

"Österreichische Medien mit österreichischen Inhalten kommen dadurch immer mehr unter Druck", sagt Lockl. Er sieht mit den Gesetzesnovellen "bessere Möglichkeiten, sich in der digitalen Welt gegen internationale Konkurrenten zu behaupten".

Lockls Formel: "Österreichische Medien brauchen neben aller gesunden Konkurrenz auch ein gemeinsames Bewusstsein über die Notwendigkeit eines starken österreichischen Medienstandorts im Interesse des Publikums." Das medienpolitische "Gesamtpaket" bedeute aus seiner Sicht "für beide Seiten, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und private Medien, wesentlich bessere Rahmenbedingungen als bisher". (fid, 28.4.2023)