Foto: APA / ORF / Thomas Ramstorfer

Wien – Mittwoch hat ORF-General Roland Weißmann einen Termin mit etwa einer Hundertschaft von Redaktionssprecherinnen und Redaktionssprechern aus allen Teilen des öffentlich-rechtlichen Medienkonzerns. Mit Fragen zur neuen Führung von Österreichs größter Redaktion – dem ORF-Newsroom – ist zu rechnen. Einige Eckpunkte lassen sich absehen, und einige Namen werden gehandelt für die künftige Chefredaktion.

Thema ORF-Gesetz

Hauptthema in diesem Redaktionsausschuss dürfte allerdings das neue ORF-Gesetz sein – gegen das gerade die privaten Zeitungshäuser vehement mit leeren Titelseiten protestieren. Ein "Meinungsmonopol" droht nach Ansicht privater Medienunternehmer, das ORF-Gesetz und seine neuen digitalen Möglichkeiten im ORF bedrohten die Medienvielfalt existenziell. Die Mitbewerber verlangen eine Überarbeitung des gerade in Begutachtung gegangenen Entwurfs und einen "fairen Interessenausgleich".

ORF-Journalistinnen und -Journalisten dürften eher die Beschränkungen im Entwurf hinterfragen: 350 Textmeldungen pro Woche sollen ORF.at künftig erlaubt sein, das Verhältnis von Text- zu Videobeiträgen 30 zu 70 betragen. Bis zu 80 eigens für Streaming/ORF.at produzierte Newssendungen pro Woche sieht der Entwurf vor mit jeweils bis zu 20 Minuten – ein Vielfaches der "ZiBs" im Fernsehen. Mit einer Resolution der Redaktionssprecherinnen zum geplanten Gesetz dürfte zu rechnen sein.

Fragen zur künftigen Newsroom-Führung

Zu rechnen ist aber auch mit Fragen zur künftigen Struktur und vor allem Führung des 2022 vereinten ORF-Newsrooms für TV, Radio, Online und Social Media. Mit dem Rücktritt des TV-Chefredakteurs nach einer Chataffäre und dem Wechsel des Radiochefredakteurs an die Spitze der Hauptabteilung Sport ist die Führung von Österreichs größter Redaktion neu zu besetzen.

Eine neue Organisationsanweisung des ORF-Chefs über die künftige Struktur des ORF-Newsrooms wird intern in den nächsten Wochen erwartet. Laut mehreren Quellen, die mit der Materie vertraut sind, dürfte es wieder drei Chefredakteurinnen oder Chefredakteure mit drei Stellvertretern geben.

Die Aufgaben(schwerpunkte) sollen aber nicht mehr nach Medien – bisher TV, Radio, Online – aufgeteilt werden. Als wahrscheinlichste Struktur gilt je ein Chefredakteur oder eine Chefredakteurin für Content, also die Fachressorts wie Politik, Ausland, Wirtschaft, Chronik, eine oder einer für die Sendungen und ihre Leiterinnen sowie eine oder einer für den zentralen Newsdesk.

Namen über Namen

Es wäre nicht der ORF, würde nicht schon eine Reihe von Namen für die Führungsfunktionen im "MMNR" kolportiert – also dem "Multimedialen Newsroom" des ORF. Als logische Kandidatinnen für die künftige Newsroom-Führung – Chefredakteurin oder auch Stellvertretung – gelten etwa Gabi Waldner-Pammesberger und Eva Karabeg. Waldner führt derzeit als interimistische Chefredakteurin Radio die Redaktion nach dem Wechsel von Hannes Aigelsreiter Richtung Sportredaktion; Karabeg interimistisch die TV-Chefredaktion nach dem Rückzug von Matthias Schrom. Sebastian Prokop, davor Infochef von Ö3, wurde Mitte 2022 schon zum Leiter des Newsdesk bestellt, was manche im ORF als Indiz für diese Chefredaktionsfunktion sehen.

Darüber hinaus kursiert eine Reihe von weiteren Namen angeblicher Möglichkeiten für die Newsroom-Führung – etwa Raphaela Schaidreiter, die Brüssel-Korrespondentin war zuvor auch schon als Wirtschaftsressortchefin im Gespräch. Ebenso jene von Rebekka Salzers ("Hohes Haus", "Zeit im Bild") und Julia Ortner ("Report").

STANDARD-Anfragen über mögliche Bewerbungen blieben inhaltlich durchgängig unbeantwortet. Sehr anschaulich erklärt das Gabi Waldner auf Anfrage: "Selbst wenn ich Zeit für derartige Überlegungen hätte, würde ich diese gar nicht erst anstellen: Es gibt ja aktuell weder eine neue MMNR-Struktur noch damit einhergehende Ausschreibungen. Und mit der Erfüllung meiner Aufgaben als interimistische Chefredakteurin ORF News Radio bin ich im Moment wirklich gut ausgelastet."

Nicht ausgeschlossen, dass Mittwoch noch eine Frage der Redaktionsvertreter auf ORF-Chef Weißmann zukommt: Was hält er vom Vorschlag des Zeitungsverbandsgeschäftsführers Gerald Grünberger im Samstag-"Mittagsjournal", der ORF könnte doch künftig die "Wiener Zeitung" herausgeben. (fid, 3.5.2023)