Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist im September gleich in zwei Filmen auf der Kinoleinwand zu sehen: einmal in der Dokumentation "Projekt Ballhausplatz" und einmal im Streifen "Kurz – der Film".
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Meteorologisch gesehen ist der Sommer seit 1. September vorbei, und auch die Politik kommt langsam aus der Sommerpause zurück. In der Vorwoche holte eine Sondersitzung des Nationalrats die Abgeordneten frühzeitig aus den Ferien, am Mittwoch trifft sich die Regierung zum ersten Ministerrat nach der Sommerpause.

Doch hierzulande dominiert ohnehin ein ganz anderes Thema die politische Debatte, nämlich zwei im September an den Start gehende Kinofilme über jemanden, der der Politik offiziell längst den Rücken gekehrt haben will: Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Zwei Filme über ein und dieselbe Person zur gleichen Zeit: Das gab es so auch noch nie.

Zwei unterschiedliche Zugänge

Am 21. September läuft die Doku Projekt Ballhausplatz an, zu erwarten ist eine kritische Abrechnung mit der Ära Kurz. Diese schon lange angekündigte Doku von Regisseur Kurt Langbein hat nun einigermaßen unvermittelt Konkurrenz erhalten, und zwar mit dem erst vor wenigen Tagen bekannt gewordenen Streifen Kurz – der Film. Die Doku, die bereits ab Freitag in den Kinos zu sehen sein wird, ist eine Koproduktion der österreichischen Produktionsfirma Pongo Film und der Deutschen Opus-R, die das Projekt vorfinanziert haben soll.

Während Langbein vergebens bei Kurz und vielen seiner Weggefährtinnen und -gefährten um Interviews für die Doku angesucht hatte, standen diese dem Streifen von Regisseur Sascha Köllnreitner für ausführliche Gespräche zur Verfügung. Neben Kurz sind das etwa Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger, Ex-Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger und Berater Stefan Steiner. Für einen Hauch von Hollywood sorgt Arnold Schwarzenegger.

Vorspiegelung falscher Tatsachen

Aufregung herrscht unter jenen, die ebenfalls in dem Streifen zu Wort kommen, Kurz allerdings kritisch gegenüberstehen: Einige von ihnen erklärten am Sonntag, sie seien unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu den Interviews gelockt worden, berichtete Heute. So gingen etwa Ex-Kanzler Christian Kern (SPÖ), Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper und der Investigativjournalist Michael Nikbakhsh davon aus, dass es sich um eine "internationale Koproduktion im Auftrag eines Streamers" handle. Auch dass der Film völlig auf die Person Kurz zugeschnitten werde, wusste man so nicht.

Krisper sagt zum STANDARD, dass sie "durch Falschinformation zu einem Interview gebracht wurde". Nikbakhsh wiederum spricht im STANDARD-Gespräch von einem "schönen Legerl", er sehe sich als "Zirkuspferd" in einem Film, von dem er sich "nichts Gutes" erwarte. Für Ex-Neos-Chef Matthias Strolz riecht das Ganze mittlerweile "streng nach Propaganda".

Regisseur Köllnreitner kann die Vorwürfe nicht verstehen. Als die Interviews angefragt wurden, habe es "danach ausgesehen, dass der Film auf einem großen Streamer zuerst erscheint", erklärt er im Gespräch mit Puls 24. Allerdings würden die Verhandlungen darüber nach wie vor andauern. Darüber hinaus habe er im Vorfeld gegenüber allen Gesprächspartnerinnen und -partnern festgehalten, dass die "politische Zeit von Sebastian Kurz" Filmthema sein werde.

Für Beobachterinnen und Beobachter liegt jedenfalls der Verdacht nahe, dass der Film Langbeins Doku konterkarieren soll. Rätselraten herrscht außerdem um die konkrete Finanzierung. Denn im Gegensatz zu Langbeins Doku wurde auf Förderungen verzichtet. Für Aufregung sorgt außerdem ein Megaplakat, das aktuell auf dem Werbeturm bei der Wiener Donaumarina zu sehen ist. Darauf prangen die vier Lettern "KURZ" und ein Bild von ebendiesem. Seitens Kurz’ und seines Umfelds will man weder damit noch mit der Finanzierung des Projekts etwas zu tun haben.

Polit-Aufreger des Sommers

Die Kurz-Filme sind jedenfalls nur der jüngste Aufreger eines nicht an Polit-Aufregern armen Sommers. Ein Überblick, welche Themen sonst noch für Empörung sorgten.

Video der Freiheitlichen Jugend: Vor einer Woche sorgte ein Video der Freiheitlichen Jugend für Entrüstung. In dem zweieinhalbminütigen Clip wird etwa gegen "Regenbogenterror" und "Bevölkerungsaustausch" gewettert, auch ein Schwenk auf den "Hitler-Balkon" am Heldenplatz und Huldigungen rechtsextremer Autoren sind Teil der Inszenierung. Im Video sind neben FPÖ-Chef Herbert Kickl und Niederösterreichs FPÖ-Chef und Landeshauptfraustellvertreter Udo Landbauer auch Mitglieder der als rechtsextrem eingestuften Identitären zu sehen. Nun hat der Verfassungsschutz Anzeige erstattet.

Normal-Debatte: Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat in einem Kommentar im STANDARD eine Debatte losgetreten, die bis heute andauert. Nämlich jene um das Wort "normal". Der Begriff ist in der Volkspartei zu einem Label geworden, um sich von anderen politischen Ansichten – insbesondere Klimakleberinnen oder Befürwortern des Gendersternchens – abzugrenzen. Vom Bundespräsidenten abwärts gab es im Laufe des Sommers Wortmeldungen zum Thema.

Bargeld in der Verfassung: Mitten im Hochsommer startete Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) eine Initiative, um das nicht gefährdete Bargeld vor dem Aus zu retten. Seine Forderung, das Cash in der Verfassung zu verankern, sorgte daraufhin wochenlang für Debatten. Nehammer musste Kritik nicht nur vom politischen Gegner, sondern auch aus der eigenen Partei einstecken.

Strafen für Klimakleber: Vor einer Woche klebten sich Klimaaktivistinnen und -aktivisten der Letzten Generation erstmals in St. Pölten fest – und damit just in jenem Bundesland, von wo aus die lautesten Rufe nach härteren Strafen für Klimakleber kommen. Auch in ihrem "Zukunftsplan 2030" sieht die ÖVP strengere Strafen vor. Konkret will die Volkspartei einen Tatbestand im Strafgesetzbuch schaffen.

Für wenig Freude bei Klimaschützerinnen und Klimaschützern dürfte sorgen, dass nun in einzelnen Ländern der "Lufthunderter" vor dem Aus steht. Salzburgs Landeshauptmann-Stellvertreterin Marlene Svazek (FPÖ) kündigte am Wochenende an, dass dieser noch heuer auf der Tauernautobahn aufgehoben werde. Auch der Tiroler ÖVP-Abgeordnete Franz Hörl fordert nun ein Aus für den Lufthunderter auf der Inntalautobahn.

Klimaticket-Tattoo: Auf zwei Festivals hatten Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, sich für ein Klimaticket, das ein Jahr gültig ist, ein thematisch entsprechendes Tattoo stechen zu lassen. Diese Werbeaktion des Umweltministeriums ist voll eingeschlagen. Allerdings hat sich Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) damit auch viel Kritik eingehandelt.

Liebe über Parteigrenzen hinweg: Auch Liebesangelegenheiten boten diesen Sommer politischen Zündstoff. Im August wurde die Beziehung zwischen Tirols SPÖ-Chef und Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer und der italienischen Rechtspolitikerin Alessia Ambrosi publik. Für viel Verwunderung sorgte wenige Tage später ein Schwank von Ex-Grünen-Chefin Eva Glawischnig, die auf krone.tv erzählte, dass sie und FPÖ-Chef Herbert Kickl sich geküsst hätten – und zwar beim Flaschendrehen auf der Party zu ihrem 14. Geburtstag. (Sandra Schieder, 3.9.2023)