Lena Schilling kandidiert für die Grünen.
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Wien – Nach langem Hin und Her, Absagen mehrerer Prominenter und einem verschobenen Bundeskongress haben sich die Grünen nun darauf geeinigt, wer sie in die Wahl zum Europäischen Parlament führen soll. Bundessprecher Werner Kogler lud am Montag zur Pressekonferenz, um die "Kandidat:in für Spitzenkandidatur" vorzustellen. Ja, Lena Schilling werde für die Grünen bei der EU-Wahl antreten, erklärte Kogler. Sie habe die volle Unterstützung des Bundesvorstands sowie der Länderspitzen seiner Partei. Er freue sich, dass man die Klimaaktivistin für eine Kandidatur gewinnen konnte. Sie sei eine "junge Frau, die an eine Zukunft glaubt, für die es sich zu kämpfen lohnt", sagte Kogler. Schilling sei eine "herausragende, junge Kandidatin".

Video: Lena Schilling ist Spitzenkandidatin der Grünen bei der EU-Wahl.
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Herzpumpern vor der Wahl 

Sie habe ziemliches "Herzpumpern", sagte die 23-jährige Schilling. Sie wisse, dass es eine große Aufgabe und Ehre sei. "Die Zukunft jetzt in die Hand nehmen", das sei es, was Schilling machen wolle. Sie habe als Aktivistin auf der Straße gekämpft, blockiert, demonstriert. "Ich bin auch morgen nicht geschniegelte Berufspolitikerin", sagte sie. "Ich möchte für eine andere Art von Politik stehen. Ich will eine andere Perspektive ins Parlament bringen: von ganz vielen Aktivistinnen und Aktivisten, die auf die Straße gegangen sind."

Sie freue sich, "für eine Generation" anzutreten und damit auch einen Teil der Klimabewegung zu vertreten. "Und ganz ehrlich: Welche Partei steht mehr für Klimaschutz?", fragte Schilling. Ganz so zufrieden mit den Grünen gab sich Schilling in der Vergangenheit nicht immer, sondern übte auch Kritik an der Partei. "Jo eh", sagte Kogler dazu: "Aber wir haben die gleichen Vorstellungen und Ziele." Schillings Kandidatur sei ein weiterer Schritt in Richtung Öffnung der Partei.

Die kommende Wahl sei eine Entscheidungswahl, sagt Schilling: "Entscheiden wir uns für Frieden und Zukunft oder Nationalismus und Gewalt." Ihre Kandidatur sei "auch eine Kampfansage gegen rechts". Es werde ein harter Wahlkampf, aber sie freue sich auf die Auseinandersetzung.

Viele Spekulationen

Indizien für einen Antritt Schillings gab Kogler schon am Wochenende: Dieser kündigte am Samstag einen eigenen Tiktok-Kanal an – in einem ersten Video ist der Vizekanzler mit dem Buch "Radikale Wende" von Lena Schilling in der Hand zu sehen. Ganz im Stil der Fridays-for-Future-Bewegung, mit der Schilling ihre ersten aktivistischen Schritte ging, war auch die Pressekonferenz der Grünen inszeniert: Statt eines Grünen-Logo-Aufstellers platzierten sich die beiden vor einem blauen Stofftransparent mit gelb-weißer Aufschrift: "Weil's um unsere Zukunft geht."

Über eine Kandidatur von Schilling dürfte sich auch der EU-Abgeordnete und Co-Vorsitzende der Europäischen Grünen, Thomas Waitz, freuen. Waitz hatte im Vorfeld angekündigt, nur auf Platz zwei in Österreich anzutreten und Platz eins für eine andere Person freizuhalten, wie er im Interview mit dem STANDARD betont.

Zuvor hatten für die EU-Wahl am 9. Juni sowohl Umweltministerin Leonore Gewessler als auch Justizministerin Alma Zadić abgesagt. Der Nationalratsabgeordnete Michel Reimon machte einen Rückzieher, und auch seine Fraktionskollegin Ewa Ernst-Dziedzic wollte nicht. Schilling selbst legte sich lange nicht fest. Vergangene Woche gab sie sich im Gespräch mit dem STANDARD noch vage zu einem möglichen Antritt: Eine Entscheidung habe sie noch nicht getroffen. Die Frist für die Bewerbung bei den Grünen laufe ja auch noch. Auch andere Fraktionen interessierten sich für die im Widerstand gegen den Lobau-Autobahntunnel bekannt gewordene Aktivistin.

Bundeskongress Ende Februar

Die Bewerbungsfrist für die EU-Spitzenkandidatur bei den Grünen läuft dieser Tage ab. Endgültig entschieden wird die Sache dann bei einem Bundeskongress am 24. Februar in Graz, der ursprünglich bereits vor Weihnachten hätte stattfinden sollen. Bei der EU-Wahl 2019 war Kogler selbst als Spitzenkandidat angetreten, nahm das Mandat dann aber nicht an. Prominente Listenzweite war die Gastronomin und Landwirtin Sarah Wiener, auch sie wird diesmal nicht mehr kandidieren. Die Grünen erreichten damals 14,08 Prozent Stimmanteil. Das war zwar ein kleines Minus im Vergleich zum Ergebnis von 2014, jedoch trotzdem ein fulminantes Comeback, nachdem sie 2017 in Österreich aus dem Nationalrat geflogen waren.

SPÖ, ÖVP und FPÖ haben ihre Spitzenkandidaturen für die EU-Wahl 2024 bereits festgelegt, sie gehen mit Andreas Schieder, Reinhold Lopatka bzw. Harald Vilimsky ins Rennen. Bei den Neos hat der Nationalratsabgeordnete Helmut Brandstätter beste Aussichten darauf. Die Liste der Liberalen wird Ende Jänner beschlossen. (APA, ook, 22.1.2024)