Wien – Im Finanzausschuss des ORF-Stiftungsrats geht es Montagnachmittag um brisante Themen. Erwartet wird, dass ORF-Generaldirektor Roland Weißmann einen Bericht zum Status quo in Sachen Gehaltstransparenz und dem neuen Verhaltenskodex für ORF-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter vorlegt. Der ORF ist laut Gesetz verpflichtet, bis Ende März 2024 das Gehalt seiner Angestellten namentlich offenzulegen, die mehr als 170.000 Euro brutto im Jahr verdienen.

Peter Westenthaler
Peter Westenhaler ist zurück am Küniglberg. Er zieht für die FPÖ in den ORF-Stiftungsrat ein – und hat jede Menge Themen im Gepäck.
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Zum ersten Mal mit von der Partie am Küniglberg ist Peter Westenthaler, dessen Bestellung zum ORF-Stiftungsrat jede Menge Staub aufgewirbelt hat. Er wird von der FPÖ entsandt, der ehemalige Politiker sitzt im Finanzausschuss des Stiftungsrats. Wie berichtet, gab es Vorbehalte des ORF-Redaktionsrats gegen die Nominierung Westenthalers. Der ehemalige FPÖ- und BZÖ-Politiker tritt regelmäßig bei Wolfgang Fellners Mediengruppe Österreich auf.

Westenthaler ortet "Chaos"

Im Gespräch mit dem STANDARD sagt Westenthaler, dass er bei der Sitzung am Montagnachmittag ORF-Generaldirektor Roland Weißmann auf den Zahn fühlen will, ob die Haushaltsabgabe und die Abrechnung über die ORF-Tochter OBS nach Plan laufe. Er habe gehört, dass es ein "ziemliches Chaos" gebe, so Westenthaler. Er stößt sich etwa an der telefonischen Hotline der ORF-Beitrags Service (OBS), weil sie kostenpflichtig sei. Es könne nicht sein, dass jemand, der Fragen zum ORF-Beitrag habe, auch noch für einen Anruf zur Kasse gebeten werde, kritisiert Westenthaler. Der ORF hat die Hotline nach Beschwerden bereits geändert. Anrufe sind jetzt zum Ortstarif möglich.

Der ORF-Beitrag ersetzt ja seit 1. Jänner 2024 die GIS-Gebühr, für die Abwicklung ist die OBS zuständig. Westenthaler hat sich wiederholt gegen den ORF-Beitrag ausgesprochen und angekündigt, dass der ORF im Falle einer Regierungsbeteiligung der FPÖ über das Budget finanziert werden solle.

Sieben Gehaltsklassen

Ein weiteres Thema, das Westenthaler wichtig ist, sind die Gehälter. Er möchte von Weißmann wissen, wann und wie die von der schwarz-grünen Regierung verordnete Gehaltstransparenz umgesetzt werde. Nach Ansicht Westenthalers sind die Gehälter zu hoch, er verlangt eine Deckelung. Der ORF muss künftig einen Report veröffentlichen, wie viele seiner Angestellten in welche Gehaltsklasse fallen. Das Gesetz sieht hier sieben Gehaltsklassen vor, die bei 50.000 bis 75.000 Euro pro Jahr beginnen und bis "mehr als 300.000" reichen. Ab einer Summe von 170.000 Euro brutto müssen auch die Namen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter publik gemacht werden. Zusätzlich müssen auch die Nebeneinkünfte genannt werden.

"Klarnamenpflicht" für Expertinnen und Experten

Westenthaler kündigt an, bei der regulären Stiftungsratssitzung am Donnerstag erste Anträge einbringen zu wollen – etwa zu den Medienkooperationen des ORF. Hier erwartet er sich Transparenz, genauso wie bei einer "Klarnamenpflicht" für Expertinnen und Experten, wie es Westenthaler nennt. Es könne nicht sein, dass der ORF wiederholt Wissenschafterinnen und Wissenschafter in seine Sendungen einlade, die für Parteien tätig seien, was aber nicht ausgewiesen werde. Im Interview mit dem STANDARD echauffierte sich Westenthaler etwa über eine Rechtsextremismusforscherin mit angeblicher Parteinähe.

Aufs Tapet bringen will Westenthaler auch die Social-Media-Richtlinien für das ORF-Personal. Im STANDARD-Interview warf er "ZiB 2"-Moderator Armin Wolf kürzlich "politische Agitation" vor.

Verfassungsgerichtshof noch nicht befasst

Wie berichtet, geht der ORF-Betriebsrat gegen die teils namentliche Offenlegung von ORF-Gehältern und Nebeneinkünften vor. ORF-Betriebsratschef Werner Ertl hat den Obersten Gerichtshof (OGH) mit der Causa befasst. Er hat einen Feststellungsantrag eingebracht, dass die namentliche Offenlegung von Gehältern verfassungswidrig sei. Mit dem Ziel, dass der OGH den Verfassungsgerichtshof zur Klärung der Verfassungswidrigkeit (oder -konformität) anrufen solle. Und bis die Verfassungsrichter diese Frage geklärt haben, soll der OGH dem ORF untersagen, die Gehälter namentlich zu veröffentlichen. Laut Auskunft des OGH sei das bis dato aber noch nicht geschehen. Das heißt, dass das ORF-Management – Stand jetzt – die namentliche Gehaltstransparenz in vollem Umfang umsetzen muss.

Neuer Verhaltenskodex kommt

Neben dem Gehaltsthema geht es in dieser Woche im Stiftungsrat auch um die neuen Vorgaben des ORF für seine rund 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – insbesondere für Social Media und bei Nebentätigkeiten wie Moderationen. Die neuen Regeln wurden von einer Ethikkommission erarbeitet. Sie sind die Konsequenz aus den Vorwürfen gegen Robert Ziegler, der als niederösterreichischer ORF-Landesdirektor und zuvor als Chefredakteur im Sinne der ÖVP Einfluss genommen haben soll, sowie aus dem Rücktritt von Matthias Schrom als TV-Chefredakteur. Er stolperte über Chats mit dem damaligen FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache samt Interventionstipps. (omark, 4.3.2024)