St. Pölten – Werden Niederösterreichs Gemeinden ausreichend geprüft? Die Grundstücksdeals der Bürgermeister von Grafenwörth und Pyhra, aber auch die Affäre um eine gefälschte Anwaltsrechnung in Vösendorf bringen diese Frage aufs politische Tapet. Die Präsidentin des niederösterreichischen Landesrechnungshof fordert nun im Gespräch mit dem STANDARD einen Ausbau der Prüfrechte für ihr Gremium.

Zweiter Landtagspräsident Gottfried Waldhäusl, Dritte Präsidentin Eva Prischl, die Direktorin des NÖ Landesrechnungshofes Edith Goldeband, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Landtagspräsident Karl Wilfing.
Edith Goldeband (Mitte) genießt im niederösterreichischen Landtag großes Vertrauen – mit der ÖVP ist sie sich aber uneinig darüber, ob sie alle Gemeinden prüfen soll.
NLK Pfeffer

Tatsächlich sind die Kontrollmöglichkeiten für Kommunen nirgends so schwach ausgeprägt wie in Österreichs größtem Bundesland: Nur in Niederösterreich darf der Landesrechnungshof Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern nicht prüfen.

Prävention als Faktor

Genau das hält Edith Goldeband, Präsidentin des Landesrechnungshofs in St. Pölten, für "eine wirklich große Kontrolllücke". "Gerade unser erstes Gutachten in Grafenwörth hat gezeigt, wie wichtig eine Prüfkompetenz für kleinere Gemeinden wäre", sagt Goldeband. "Das würde sich schon alleine aus präventiven Gründen auszahlen: Wenn eine Gemeinde weiß, der Landesrechnungshof kann jederzeit kommen, achtet sie wohl von vornherein besser auf ihr Gebaren."

Aus Sicht der Präsidentin haben die übrigen Bundesländer ihren Rechnungshöfen aus gutem Grund die Prüfrechte für kleinere Gemeinden eingeräumt. "Sie sind ein Schlussstein in der öffentlichen Gebarungskontrolle, der bei uns einfach fehlt. Man sieht in anderen Bundesländern, dass besonders die beratende Funktion der Gebarungsprüfung ein großer Vorteil wäre."

Politisch war die notwendige Zweidrittelmehrheit im Landtag zuletzt nicht absehbar: SPÖ, Grüne und Neos sind zwar für den Lückenschluss, die Volkspartei von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner spricht sich aber gegen mehr Prüfrechte für den Landesrechnungshof aus. Die FPÖ antwortet auf mehrere STANDARD-Anfragen zu dem Thema nicht.

"Keine Doppelprüfungen"

Die ÖVP argumentiert, dass mehrfache Prüfungen keinen Sinn machen, da es ohnehin die Prüfungsausschüsse in den Gemeinderäten und die Gemeindeaufsicht in der Landesregierung gebe. Das kann Goldeband nicht nachvollziehen: "Diese Einrichtungen haben andere wichtige Aufgaben wie laufende Kontrollen oder die Genehmigung von Finanzgeschäften, und auch andere Instrumente." Schon jetzt dürfe der Landesrechnungshof große Städte und Gemeinden ja prüfen – "und da sieht man, dass es hier keine Doppelprüfungen oder Konkurrenz zur Gemeindeaufsicht gibt".

Goldeband ist darauf eingestellt, "weiterhin viel Überzeugungsarbeit zu leisten". Sie hoffe, "dass wir nicht noch weitere Anlassfälle brauchen, um eine Zweidrittelmehrheit im Landtag zu überzeugen". (Sebastian Fellner, 7.3.2024)