Grün und Orange in getrennter Form (links) oder doch das
Grün und Orange gibt es neuerdings bei einer österreichischen Lebensmittelkettein getrennter Form (links). Dann doch lieber das "echte" Twinni?
Foto: Heidi Seywald

Es gibt in der Kulinarik ja vieles, was die Leute geschmacklich entzweit. Zum Beispiel, ob Rosinen in den Strudel gehören. Ich sage nein, jemand anderer sagt nur so und nicht anders. Oder ob Marzipan die beste oder die schlimmste Erfindung der Menschheit ist. Letzteres. Sorry, not sorry. Und dann gibt es einen sommerlichen Zwist, der Österreich seit jeher in zwei Lager zerreißt: Welche Twinni-Hälfte ist die bessere? Grün oder Orange, Birne oder Orange?

Seit der Einführung des Twinni-Eises im Jahr 1968 werden die Gräben in der Gesellschaft immer tiefer und tiefer. Das geht oft sogar so weit, dass das eine Fan-Lager gar nichts vom anderen wissen will. Heißt, eine Hälfte wird komplett verschmäht. Da verlautbaren die Orangen, ihre Hälfte sei die überlegenere, denn nichts sei saftiger als ein kräftiges Orangenwassereis. Die Grünen dagegen – nicht die Partei – brüsten sich damit, dass ihre Seite erfrischender sei, weniger stumpf im Geschmack in heißen Sommermonaten. Da kommt schon mal der Wunschgedanke nach einem geschmacklich monotonen Twinni hoch. Ein Twinni ganz in Orange, ganz in Grün. Den Namen müsste man eben ändern. Einni? Sooli? Sinngli?

Besser getrennt?

Auf diese Streitigkeiten, auf diese Gräben, auf diese Wünsche hat Eishersteller Eskimo noch nicht reagiert. Vehement setzt man Jahr für Jahr den österreichischen Klassiker auf die Eistafeln, ohne Rücksichtnahme auf die gespaltene Gesellschaft. Man bekommt fast schon den Eindruck, Eskimo will den Eis-Konflikt.

Spar Eis getrenntes Twinni
Spars Lösung um den Twinni-Konflikt: getrenntes Birnen- und Orangeneis.
Foto: Spar

Ein Friedensplan kommt gerade jetzt von der Konkurrenz: Handelsriese Spar hat für die aktuelle Eissaison eigene Birnen- und Orangeneislutscher auf den Markt gebracht. Aber getrennt voneinander. Ein geteiltes Twinni sozusagen. In Zehnerboxen wird das Orangeneis und Birneneis angeboten. Damit sollen die Streitigkeiten beigelegt werden, die entzweiten Menschen sich wieder in den Armen liegen. "Jetzt kann jeder gleich zwei Stück von seiner Lieblingssorte essen", kommentiert Spar auf Instagram sein Friedensangebot an die Österreicher.

Kann gerade ein geteiltes Eis ein Land vereinen? Userinnen und User auf Social Media sind da – was auch sonst? – geteilter Meinung. "Was ist das Nächste? Franz ohne Sisi? Waterloo ohne Robinson? Gulasch ohne Bier? Inns ohne Bruck? Mozart ohne Kugel?", schreibt ein User auf Reddit. "Nie wieder grün!!!! Applaus-Emoji", schreibt eine Instagam-Userin freudig. Freude und Ablehnung herrschen hier vor. Und wie stehen Sie zu dem Eis?

Friedenslösung

Eine Gruppierung wird bei dieser Eiskreation vollkommen außer Acht gelassen: die Wechsler. Das mag jetzt vielleicht pervers klingen, aber manche mögen beide Sorten. Sie ändern ihre Präferenz je nach Lust und Laune, lutschen und saugen abwechselnd an den Twinni-Hälften oder, die Großgoscherten, stecken sich das noch zusammenfügte Eis gleich ganz in den Mund. Wir, ich zähle mich dazu, wollen das Beste aus beiden Welten, Orange und Grün gemischt. In der Farblehre wohl ein braunes Irgendwas, auf der Zunge aber das Paradies. Für diese Spezies ist das getrennte Twinni kein Heil in der Flucht.

Spar trennt, was der Eisgott verbunden hat. Ob das wirklich die Lösung eines jahrzehntealten Konflikts ist, ist fraglich. Zu tief steckt der Konflikt in den österreichischen Genen. Die Frage, ob Grün oder Orange nun besser ist, ist Teil der österreichischen Identität. Und das kann und sollte man uns nicht wegnehmen! (Kevin Recher, 11.4.2024)