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Foto: Reuters / Sputnik / Sergey Guneev

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Wladimir Putin bei der Pressekonferenz mit dem deutschen Kanzler Olaf Scholz.
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"Sunday Times" (London): Geschlossene Front

"Es ist an der Zeit, dass die Staats- und Regierungschefs der EU Eigeninteressen zurückstellen. Die westlichen Länder, einschließlich Großbritanniens, müssen akzeptieren, dass es auch für uns schmerzhaft sein kann, wenn wir Russland echte Schmerzen zufügen. Die Alternative ist schlimmer. Europa steht am Rande eines Konflikts, der ein neues dunkles Kapitel in seiner Geschichte aufschlagen könnte. Solche harten Sanktionen würden Russland zu einem Außenseiterstaat machen und Millionen von Menschen in die Armut stürzen. Tragischerweise ist dies vielleicht die einzige Möglichkeit, wie die internationale Gemeinschaft Druck auf (Präsident Wladimir) Putin ausüben kann, der in Angst vor Rückschlägen für seine Autokratie lebt. Bei der Verhängung von Sanktionen muss eine geschlossene Front gebildet werden. Wir sollten die härter werdende Rhetorik des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz begrüßen, der bisher die moderateste Stimme war."

"Neue Zürcher Zeitung am Sonntag": Teure Sanktionen

"Mehr Aufrichtigkeit gegenüber seinem Land hat der ukrainische Präsident vom Westen verlangt. Mehr Klarheit über den lange versprochenen Nato-Beitritt, über den Weg zur EU, über die Sanktionen gegen Russland, die Europäer und Amerikaner nach einem Angriff auf die Ukraine verhängen wollen. Das alles ist wohl das Mindeste, was Wolodymyr Selenskyj erwarten kann. Aber es wird auch einen Preis haben. Mehr Ehrlichkeit in der Krise um die Ukraine bedeutet, dass sich die Bürger in Europa klar werden, was im Fall eines Krieges auf sie zukommt: noch höhere Energiepreise und Einbußen beim Wirtschaftswachstum. Denn Sanktionen gegen Russland wirken – wenn überhaupt – nur, wenn alle anderen in West- und Osteuropa sie auch mittragen. Zweifel daran gibt es. Manchen Ländern in der EU wie etwa Österreich und Ungarn ist an einträglichen Beziehungen zu Russland Wladimir Putins gelegen.

Kommt es tatsächlich zum Angriff auf die Ukraine, kann man sich ausrechnen, dass einige Regierungen in der EU eine Diskussion darüber beginnen, ob und welche Sanktionen denn nun angemessen wären. Verantwortliches Regierungshandeln aber heißt: gemeinsam hinter den Sanktionen stehen. Es wird die einzige Chance sein, Russland nach einem Angriff zum Stopp der Kriegshandlungen zu bewegen."

"La Stampa" (Turin): Einen Schritt vor dem Abgrund

"Der russische Bär lässt seine Muskeln spielen und zeigt sie dem Planeten. (...) Jetzt ist die Ukraine an der Reihe. Nach tagelangen militärischen Zerwürfnissen und diplomatischen Verwicklungen sind wir nur noch einen Schritt vom Abgrund entfernt. Lassen wir einmal den Kern des Problems beiseite, nämlich die ethische Ablehnung jedes Krieges. Ein Krieg gegen die ehemalige Sowjetrepublik unter der Führung (des ukrainischen Präsidenten)
Wolodymyr Selenskyj würde nach reinem politischem und wirtschaftlichem Verstand niemandem passen. Doch die Lage zeigt, dass ein Krieg möglich und zum jetzigen Zeitpunkt sogar wahrscheinlich ist. Die Mächtigen der Welt, die sich in München zur Sicherheitskonferenz versammelt haben, scheinen geneigt zu sein, heute nicht denselben Fehler zu wiederholen, den sie im September 1938 begangen haben: Als sie zuließen, dass der Führer in der gleichen Stadt (...) sein Gift in das Herz Europas sickern ließ."

"La Repubblica" (Rom): Von Russland besonders abhängig

"Italien ist besonders daran interessiert, eine Lösung zu finden. Die Auswirkungen auf den Gaspreis und damit auf die Energieversorgung unsere Landes sind sehr schwerwiegend. In erster Linie sind es die Bürgerinnen und Bürger, die dafür bezahlen, denn die Rechnungen steigen in ungeahnte Höhen. Ein möglicher Krieg zwischen Moskau und Kiew würde die Kosten weiter erhöhen. Unsere Abhängigkeit von russischem Gas gefährdet uns mehr als alle europäischen Verbündeten. (...) 40 Prozent aller Gaseinfuhren Europas stammen aus Russland. Innerhalb dieser 40 Prozent ist Italien der führende Importeur, gefolgt von Deutschland. (...) Aus diesem Grund sind Italien und Deutschland die beiden EU-Länder, die mehr Aufmerksamkeit und vor alle mehr Umsicht bei Sanktionen fordern, die die EU-Kommission gegen Moskau vorbereitet."

"De Tijd" (Brüssel): Diplomatisches Leichtgewicht

"Die Furcht vor einer (begrenzten) russischen Invasion der Ukraine ist durch die aufeinanderfolgenden Geschehnisse größer geworden. Die Frage ist, wer aus diesen wachsenden Spannungen als Sieger hervorgeht. Putin? Dem Kremlchef ist es sicher gelungen, sich ins Zentrum der Aufmerksamkeit Amerikas hineinzuarbeiten. Rein rational betrachtet, hat er kein Interesse an einem uneingeschränkten Krieg. Doch weiß er das auch selbst? Oder hat er sich in eine Ecke manövriert und bereits verloren? Es bleibt bei der Tatsache, dass er der am schwersten berechenbare Faktor in dieser Krise ist. (...)

Doch wie fällt die Bilanz für Europa aus? Besonders mager. Ungeachtet von Bemühungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz ist Europa diplomatisch ein Leichtgewicht obwohl sich der Konflikt auf europäischem Boden abspielt. Jetzt noch eine wichtige diplomatische Rolle zu fordern, wird besonders schwer. Es ist fraglich, ob die USA und Russland Europa noch den Spielraum dafür geben. Und wenn der Konflikt offen ausbricht, dürfte Europa – nach der Ukraine – den höchsten Preis für wirtschaftliche Sanktionen bezahlen."

"De Telegraaf" (Amsterdam): Nato muss gestärkt werden

"Die Niederlande liefern wie andere Bündnispartner Waffen an die Ukraine und erhöhen die Gefechtsbereitschaft von Streitkräften, die möglicherweise zur Verteidigung von Nato-Mitgliedstaaten eingesetzt werden müssen. Das ist vernünftig, da nun von einer Deeskalation der durch Russland entfesselten Krise kaum noch die Rede sein kann. (...)

Russland erhöht den Druck, um dem Westen weitgehende Zugeständnisse abzuringen. Es geht nicht allein um die Ukraine. Moskau verlangt den Rückzug von Nato-Truppen aus Osteuropa und ein Verbot der weiteren Ausbreitung des Bündnisses. In dieser Woche wurde noch einmal wiederholt, was geschehen wird, sollte der Westen nicht nachgeben: Russland werde sich dann gezwungen sehen, 'militär-technische Maßnahmen' zu ergreifen. Diese feindliche Haltung kann allein durch eine weitere Stärkung der Nato beantwortet werden." (APA, 20.2.2022)