Herbert Kickl, hier bei seiner Rede zum 1. Mai in Linz.

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Wie will FPÖ-Chef Herbert Kickl den gerade geplanten ORF-Beitrag für alle Haushalte unabhängig vom Empfang wieder abschaffen? Das Ziel hat er zum Beispiel bei seiner Rede zum 1. Mai in Linz formuliert, wenn er Bundeskanzler werde. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk solle aus dem Bundesbudget finanziert werden, mit deutlich reduzierten Mitteln, sagte Kickl Donnerstagabend am Rande einer Veranstaltung auf STANDARD-Anfrage in Wien.

"Mit der ÖVP schon vereinbart"

"Wir würden machen, was schon einmal mit der ÖVP vereinbart war", verweist Kickl auf das Jahr 2019: Ein Entwurf über ein ORF-Gesetz lag praktisch fertig im Kanzleramt beim damaligen Medienminister Gernot Blümel (ÖVP). Er sah eine Budgetfinanzierung des ORF statt der GIS-Gebühren vor. Das am 17. Mai 2019 veröffentlichte Ibiza-Video mit dem damaligen Parteichef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache beendete die Koalition, bevor sie den ORF-Gesetzesentwurf in Begutachtung schicken konnte.

Medienminister Blümel habe auf einer Budgetfinanzierung in der Höhe der GIS-Gebühren bestanden, erklärt Kickl heute, während die FPÖ eine deutliche Reduktion verlangt habe. Kolportiert wurden damals etwa Summen in der Größenordnung von 500 Millionen Euro statt rund 650 Millionen Euro aus den GIS-Gebühren. Kickl will auf Anfrage keine Beträge nennen.

Eine Budgetfinanzierung des ORF bei merklicher Reduktion der Mittel für den Rundfunk sei weiterhin Ziel bei einer Regierungsbeteiligung. Ist eine Abschaffung des nun gerade für 2024 vorbereiteten ORF-Beitrags für alle Haushalte für ihn eine Koalitionsbedingung? "Über Koalitionsbedingungen sprechen wir nach der Wahl", sagt Kickl.

"Reformdruck" für ORF

Eine Reduktion der Mittel für den ORF sei weiterhin Ziel, erklärt Kickl. Sie würde den ORF unter "Reformdruck" bringen. Die Notwendigkeit zeigten "Beobachtungen" wie mehrere ORF-Teams bei einer Pressekonferenz. Kickl hinterfragt auch – wie in früheren medienpolitischen Aussagen – aus seiner Sicht kommerzielle Aktivitäten des ORF wie insbesondere die Programmierung von Ö3.

Politdruck 2019

Chats zwischen dem damaligen FPÖ-Chef Strache und etwa dem damaligen ORF-Stiftungsratschef Norbert Steger, entsandt von der FPÖ, zeigen politischen Druck auf den ORF mit anderen Zielen: Steger schrieb in einer FPÖ-Whatsapp-Gruppe zu Medienfragen am 7. Jänner 2019: "Ohne Personelles wird trotzdem kein einziger FP-Beitrag objektiver oder freundlicher werden! Dazu muss wer rausgeschmissen werden!!!" Strache antwortete: "Deshalb braucht es ein ORF-Gesetz, wo totale Personalrochaden, Neubesetzungen möglich werden!" Später schreibt er in der Whatsapp-Gruppe: "Brauchen Vorschläge für loyalen top ORF-Direktor." Ein wenige Monate nach Dienstantritt der ÖVP-FPÖ-Koalition 2018 bestellter ORF-Chefredakteur trat im November 2022 nach Bekanntwerden von Chats mit Strache aus dem Jahr 2019 zurück.

Kickl trat im Management Club im Rahmen einer Veranstaltungsreihe des langjährigen ORF-Managers und nunmehrigen Kommunikationsberaters Thomas Prantner auf. Der Betreiber der Agentur C3 sprach in der Reihe etwa auch schon mit Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP).

Der Entwurf von ÖVP und Grünen für ein neues ORF-Gesetz sieht einen "ORF-Beitrag" für alle Haushalte sowie Firmen unabhängig vom Empfang vor, einkommensschwache Haushalte sind wie bisher befreit. Der Beitrag löst mit 2024 die GIS ab, die der Verfassungsgerichtshof wegen Ausnahmen für Streamingnutzung als verfassungswidrig aufgehoben hat. (fid, 5.5.2023)

Update: Petition "Stoppt die ORF-Steuer" nach zwei Tagen mehr als 50.000 Unterstützer

Die von der Tageszeitung "Österreich" und "oe24" gestartete Petition "Stoppt die ORF-Steuer" DER STANDARD berichtete – gegen die vorgesehene Haushaltsabgabe haben innerhalb von zwei Tagen mehr als 50.000 Menschen unterstützt. "Wir gehen davon aus, dass die Petition schon kommende Woche die 100.000-Unterstützer-Marke knacken wird. Wir hoffen, dass die Regierung diesen tausendfachen Appell hört und das ORF-Gesetz in der jetzigen Form stoppt", sagt "Österreich"-Geschäftsführer Niki Fellner. (red, 5.5.2023)