ORF-General Roland Weißmann und ProSiebenSat1Puls4-Chef Markus Breitenecker, hier beim sonnigeren 4Gamechangers-Festival 2022.

Foto: APA / Tobias Steinmaurer

Der ORF bereitet für Anfang 2024, wenn der ORF-Beitrag für alle kommt, den Start einer neuen Streamingplattform vor. Sie soll die fürs Nachsehen gebaute TVthek des öffentlich-rechtlichen Medienkonzerns ablösen. Das geplante ORF-Gesetz erlaubt dem ORF auch private Audio- und Videoprogramme auf der ORF-Streamingplattform – wie auf der gerade gestarteten privaten Plattform "Joyn" ORF-Programme laufen.

"Zweite große Plattform neben Joyn"

Beim nächsten "4Gamechangers"-Festival will der ORF schon die "zweite große Plattform neben Joyn" für Österreich on air haben: Das kündigte ORF-Chef Roland Weißmann am Mittwoch beim Festival an der Seite von ProSiebenSat1Puls4-Chef Markus Breitenecker an. Breitenecker hat gerade zum "4Gamechangers"-Festival Joyn gestartet und bewirbt die Plattform als "österreichischen Superstreamer".

Breiteneckers erklärtes Ziel für Joyn ist, internationalen Streaminggiganten wie Netflix und Amazon Prime Video ein österreichisches Angebot entgegenzusetzen. Joyn ist grundsätzlich werbefinanziert und mit Anmeldung frei zugänglich; 2024 soll es auch ein werbereduziertes Bezahlangebot geben.

Modell für Deutschland

Können österreichische Angebote dieses Match gegen viele Milliarden schwere Konzerne aus den USA, aber etwa auch China gewinnen? "Wir können produzieren, was es bei den anderen nicht gibt", verweist ORF-Chef Weißmann auf österreichische Inhalte, Unterhaltung und Information.

ProSiebenSat1-Vorstandschef Bernd Habets bezeichnet Joyn in Österreich als "ein kraftvolles Beispiel, wie private und öffentlich-rechtliche Anbieter zusammenarbeiten können, um eine gemeinsame Zukunft zu definieren. Ich hoffe, wir finden eine vergleichbare Lösung für den deutschen Markt."

"Ausgestreckte Hand"

Weißmann hofft, "mit den Zeitungsherausgebern besser ins Gespräch zu kommen", wenn sich "der Rauch gelegt hat" nach dem Beschluss eines neuen ORF-Gesetzes. Der ORF-General: "Meine Hand ist ausgestreckt", es brauche Kooperation mit einer "Win-win-Situation für beide Seiten".

Zeitungsverleger sehen die neuen Möglichkeiten für den ORF online als existenzielle Bedrohung ihrer Onlineangebote. Der ORF dominiert mit ORF.at schon den Markt der Medienplattformen in Österreich.

Die Zeitungsverlage verlangen eine Evaluierung und Reduktion des ORF auf öffentlich-rechtliche Angebote und weitergehende Beschränkungen für Onlinewerbung sowie ein Verbot öffentlicher Mittel für Social Media.

Noch "sanfte" Werbebeschränkungen

Werbebeschränkungen für den ORF verlangt auch ProSiebenSat1-Chef Breitenecker im Podiumsgespräch mit ORF-General Weißmann. Werbung im ORF "müsste man noch sanft einschränken". Geplant sind im Entwurf für ein neues ORF-Gesetz Beschränkungen für Radiowerbung in Ö3 und Onlinewerbung. Und Breitenecker verlangt, dass der ORF nicht mit öffentlichen Mitteln Formate für Social Media produziert – der ORF hat derzeit etwa eine "ZiB Tiktok" und ein "ZiB"-Format für Instagram.

Kinderprogramm

Das Gesetz erlaubt dem ORF erst, alleine für Streaming Formate zu produzieren. Es sieht ein neues Streamingangebot für Kinder vor mit einem linearen Online-Kinderprogramm. Zudem ein Sportstreamingangebot, das ORF Sport Plus ablösen kann. Und der Begutachtungsentwurf sieht bis zu 80 Newssendungen für das Web mit jeweils bis zu 20 Minuten pro Woche vor – ein Vielfaches der größeren "ZiB"-Sendungen im TV.

Die für Anfang 2024 geplante neue Streamingplattform des ORF soll nicht mehr TVthek heißen. Als Arbeitstitel für die Plattform gab es im ORF in den vergangenen Jahren "ORF-Player" und "ORF On" – eine Möglichkeit wäre auch "ORF.at". (Harald Fidler, 17.5.2023)