Ich war skeptisch. Nein, falsch: Ich war eigentlich ängstlich. So viel hatte ich von Indien gehört, von schlimmen Zügen und tollen Restaurants, von sagenhaften Verspätungen und fantastischen Menschen, dass ich nicht mehr wusste, wo Osten und Westen lagen. Also einfach im Norden beginnen, in Rajasthan, dem Bundesstaat mit den angeblich schönsten Palästen und am besten ausgebauten Straßen.

Ein Teich im Inneren des Lake Palace Hotels
Roger Moore traf im James-Bond-Film "Octopussy" ein paar gefährliche Damen am Seerosenteich.
Ulf Lippitz

Das mit den Straßen war gelogen. Aber der Tipp mit den märchenhaften Residenzen stimmte. Im Süden des Bundesstaates liegt einer seiner ältesten Städte. Udaipur wurde 1559 gegründet und mit einer sechs Kilometer langen Mauer beschützt. Wenn der Herrscher nicht gerade in einen Krieg gegen die Nachbarn zog, baute er an seinen Schlössern weiter – zunächst am Stadtpalast mit Seeblick, ab dem 18. Jahrhundert am Lake Palace auf einem Felsen mitten im See. Dort wollte ich hin.

Das Lake Palace Hotels aus der Ferne
Das Boot fährt von einem extra Steg im Palastgarten nach Udaipur ab. Da darf man sich schon sehr fürstlich fühlen.
Ulf Lippitz

Der schneeweiße Marmorbau entstand als Sommerresidenz mit Garten und Springbrunnen. Die Legende besagt, dass Jackie Kennedy den Ort 1962 besuchte und dem politisch unwichtig gewordenen, aber immer noch wohlhabenden Maharadscha riet, das verfallende Objekt in ein Hotel umzugestalten. Heute gehört das beliebte Fotomotiv zu den bekanntesten Fünfsternehäusern des Landes. Fritz Lang drehte dort einst "Der Tiger von Eschnapur", und Roger Moore traf im James-Bond-Film "Octopussy" ein paar gefährliche Damen am Seerosenteich. Noch heute gehen Gäste an diesem Teich im Innenhof vorüber und lächeln vielsagend.

Im Innenhof des Lake Palace Hotels
Jackie Kennedy hat den Ort 1962 besucht und soll die Idee mit dem Hotel gehabt haben.
Ulf Lippitz

Wie eine Fata Morgana flimmert das Hotel über dem See, jeden Abend treten Tänzer in fantasievollen Kostümen auf und erzählt der hoteleigene Guide von einer untergegangenen Ära. Nur Gästen ist der Zutritt gestattet – das Boot fährt von einem extra Steg im Palastgarten ab. Da darf man sich schon sehr fürstlich fühlen.
Nicht ganz so blaublütig erging es mir allerdings in der Nacht. Das Essen im Hotelrestaurant wollte raus, konnte nicht den natürlichen Ablauf des Stoffwechsels erwarten. Auch das, so hatten mir Freunde mal sanft kichernd, mal verschwörerisch erklärt, gehöre zu einem Indienurlaub einfach dazu: Lebensmittelvergiftung. Allerdings habe ich nie so gut gebettet gelitten wie in diesen Räumen. Unter meterhohen Kassettendecken und kunstvoller Bemalung beschlich mich das Gefühl, ein Sonnenkönig zu sein – mit einem viel zu verzärtelten Magen. (Ulf Lippitz, 10.7.2023) 

Die Übernachtung wurde vom Hotel unterstützt.