Von welchen Medienmenschen wird man 2024 mehr hören? Ferdinand Wegscheider, Intendant von Servus TV und – nach Eigendefinition satirisch – schwurbelnder Wochenkommentator wird jedenfalls von einem Höchstgericht hören. Der Verwaltungsgerichtshof hat letztgültig zu entscheiden, ob "Der Wegscheider" mit Kommentaren etwa über die Corona-Impfung das Privatfernsehgesetz verletzt hat. Sein letzter Servus-Wochenkommentar vor Weihnachten zog in gewohnter Form etwa über ein angebliches EU-Verbot für den Begriff Weihnachten und über "getäuschte Testpersonen für eine Spikung mit Gensubstanzen" her.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu entscheiden, ob der Wochenkommentar von Servus-TV-Intendant Ferdinand Wegscheider das auch für Privatsender geltende Objektivitätsgebot verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zu entscheiden, ob der Wochenkommentar von Servus-TV-Intendant Ferdinand Wegscheider das auch für Privatsender geltende Objektivitätsgebot verletzt.
APA/Servus TV, Bearbeitung DER STANDARD

"Getäuschte und geimpfte Mitbürger"

Als "Der Wegscheider" formuliert der Intendant an der Seite seiner Till-Eulenspiegel-Puppe gerne überspitzt, wie der "Mainstream" und "Mainstream"-Medien es nach seiner Darstellung tun würden. Corona-Leugner, sagt er in dieser Manier etwa, "schwurbeln über einen auffälligen Geburtenrückgang, Fehl- und Totgeburten und andere eklatante Nebenwirkungen der weltweiten Corona-Testimpfung".

In der Tonalität geht es, mit raschen Perspektivenwechseln, weiter: "Wer will so etwas hören? Also die rund 75 Prozent getäuschten und geimpften Mitbürger wohl ebenso wenig wie Politiker, Beamte und vor allem jene Mediziner, die sich vor den Profitkarren der Pharmaindustrie haben spannen lassen. Sicher nicht. Und ich betone: Minderheitenrechte gelten natürlich für zugewanderte Kulturbereicherer und sexuell anders orientierte Menschen, aber doch nicht für rund ein Viertel der Österreicher, die sich nicht als Testpersonen für eine Spikung mit Gensubstanzen zur Verfügung stellen wollten."

"Das ist Unfug"

Kurz zuvor behauptete Wegscheider in der jüngsten Folge vom 9. Dezember etwa: "Die EU verbietet diskriminierende Begriffe wie Weihnachten oder Maria und Josef." Martin Selmayr, EU-Vertreter in Österreich, weist das auf Anfrage entschieden zurück: "Das ist Unfug und nie von der EU beschlossen worden. Die EU respektiert explizit laut EU-Vertrag das kulturelle, religiöse und humanistische Erbe Europas. Dazu gehört natürlich ganz besonders das christliche Weihnachtsfest. Wir in der Europäischen Kommission erlauben uns daher, jedes Jahr 'Frohe Weihnachten' zu wünschen."

Die Faktenchecker von correctiv.org haben die auf sozialen Netzwerken kursierende Behauptung hinterfragt und ebenfalls als falsch identifiziert. Die Behauptung stammt aus einem Entwurf der EU für inklusive Kommunikation aus dem Jahr 2021, der so nie beschlossen wurde.

Fall für das Höchstgericht

Eine Popularbeschwerde, organisiert vom Presseclub Concordia, dokumentierte Aussagen Wegscheiders aus früheren Sendungen etwa über Corona-Maßnahmen und Impfungen aus dem Jahr 2021. Die Medienbehörde Komm Austria entschied um den Jahreswechsel 2022/23 über die Beschwerde und sah mit nach ihrem Befund grob verzerrenden Aussagen das Objektivitätsgebot verletzt, das es auch im Privatfernsehgesetz (AMD-Gesetz) gibt.

Servus TV rief gegen die Entscheidung der Komm Austria als nächste Instanz das Bundesverwaltungsgericht an, und das gab Mitte 2023 dem Sender aus dem Red Bull Media House recht. Das Bundesverwaltungsgericht hob den Bescheid der Medienbehörde Komm Austria zum wöchentlichen Satireformat "Der Wegscheider" auf.

Komm Austria rief gegen diese Entscheidung den Verwaltungsgerichtshof an, das Höchstgericht entscheidet im Schnitt binnen sechs Monaten, hieß es dort auf Anfrage. Über die Dauer des konkreten Verfahrens könne man keine Angaben machen. Bisher sei keine Entscheidung gefallen, hieß es am Mittwoch beim Verwaltungsgerichtshof.

Von Ferdinand Wegscheider wird man 2024 auch abseits des Höchstgerichts hören: Anfang Dezember erklärte der 63-Jährige den "Salzburger Nachrichten", dass er nicht an Rückzug von der Senderspitze denke: "Wenn es mir die Gesundheit vergönnt, bin ich nicht der Typ, der mit 65 in Pension geht." (Harald Fidler, 21.12.2023)