Nach dem Kassieren der Eintrittsgebühr von fünf Euro pro Person schaltet der Kirchenwächter den Kassettenrekorder ein. Eine Stimme hallt durch den Raum, erklärt die Fresken, die den Innenraum der Kirche Sv. Trojica über und über bedecken. Der Kassier sprint dabei beflissen auf, zückt einen ausziehbaren Stab und zeigt immer dorthin, wo die ausgeleierte Stimme in deutscher Sprache ein Motiv erklärt.

Die romanische Dreifaltigkeitskirche wurde im 12. und 13. Jahrhundert errichtet.
Die romanische Dreifaltigkeitskirche wurde im 12. und 13. Jahrhundert errichtet.
Thomas Ruzicka

80 Fresken sind in dem romanischen Gebäude zu bewundern. Sie behandeln Episoden aus der Bibel und erzählen aus dem Leben der meist armen Bauern. Der Bilderzyklus, der einen Totentanz zum Thema hat, ist auch bei Kunsthistorikern bekannt. Auf fast einer ganzen Seitenlänge der Kirche tanzt Gevatter Tod mit allen seinen Kunden – alten und jungen, reichen und armen Menschen. Wie in einem Comic wurde des Lesens unkundigen Gläubigen eine Geschichte erzählt.

Ringelreih beim Totentanz-Fresko: Gevatter Tod tanzt mit allen.
Ringelreih beim Totentanz-Fresko: Gevatter Tod tanzt mit allen.
Thomas Ruzicka

Nicht oft verirren sich ausländische Besucher in das einschichtig gelegene Dorf Hrastovlje im slowenischen Istrien, 17 Kilometer landeinwärts von Koper. Dabei ist die Wehrkirche außergewöhnlich. Und zwar von innen wie von außen. Als Schutz gegen die Türken und andere Bedrhungen wurde die Kirche, die auf einem Hügel über dem Dorf im Tal des Flusses Rizana steht, mit einer dicken, hohen Wehrmauer umgeben. Angreifer mussten glauben, dass sich dahinter eine waffenstarrende Burg befindet und nicht ein Gotteshaus. Nur ein Tor führt in das schlichte Areal.

Sollte die Kirche versperrt sein, ist am Eisentor eine Telefonnummer des Wächters aus dem Ort angebracht.
Sollte die Kirche versperrt sein, ist am Eisentor eine Telefonnummer des Wächters aus dem Ort angebracht.
Thomas Ruzicka

Der Künstler, der die meisten Fresken um 1490 schuf, ist bekannt: Es war der Maler Janez aus Kastav, einer Stadt im heutigen Kroatien. Auch eine Inschrift in glagolitischer Schrift, der ältesten slawischen Schrift, brachte er an. Wandmalereien wirken in romanischen Gebäuden wie diesem aus dem 12. und 13. Jahrhundert mit ihrer schlichten Raumaufteilung besonders gut. In einigen Kirchen Istriens gibt es vergleichbare Fresken – wenn auch nicht immer so vollständig.

Die "Bauernfresken", wie man sie abschätzig bezeichnete, wurden in den Jahrhunderten danach wegen ihrer Schlichtheit geringgeschätzt. Oft sind sie überpinselt und vergessen worden. So auch in der Kirche von Hrastovlje. Erst 1951 wurden die Malereien wiederentdeckt, sorgsam freigelegt und restauriert. (Johanna Ruzicka, 27.11.2023)