"Adolf Loos hat immer nur teuerste Materialien verwendet und die besten Handwerker beschäftigt", sagt Josef Paulis voller Begeisterung und schiebt die 110 Jahre alte hölzerne Schiebetür mühe- und lautlos hinter eine Wand aus weiß-schwarz geädertem Marmor. Ein weiterer Repräsentationsraum wird sichtbar, teilweise verspiegelt, mit den eingebauten Messing-Glas-Vitrinen und einem Holzplafond mit 104 Glühbirnen.

Viele leere Tische und Stühle in einem repräsentativen Raum
In den Repräsentationsräumen wird häufig Bridge gespielt.
Johanna Ruzicka

Seit den 1970er-Jahren wird hier Bridge gespielt. Obwohl vieles in den lichtdurchfluteten Räumen in der Reischachstraße 3/II in der Wiener Innenstadt darauf hindeutet, dass diese Wohnung von einem Meister der Moderne gestaltet worden sein muss, wusste lange Zeit niemand Genaueres. Die bridgeversessenen Klubmitglieder kümmerte es nicht. Erst als Paulis 2002 Obmann wurde, schaltete er das Bundesdenkmalamt ein, und seither ist klar: Diese Wohnung gleich bei der Urania wurde von Adolf Loos gestaltet. 2019 wurde hier Stefan Zweigs Schachnovelle verfilmt.

Wohnung mit einem Bild von einem Mann zwischen zwei Fenstern und einem Erker
Im Erker-Raum, früher wahrscheinlich ein Musikzimmer, hängt seit kurzem die Reproduktion eines Gemäldes vom Hausherren, gemalt von Kokoschka.
Johanna Ruzicka

Die weitere Entwicklung dieser Wohnung folgt der erbarmungs­losen Geschichte des 20. Jahrhunderts mit seinen Weltkriegen. Vieles musste renoviert oder nach alten Fotos überhaupt neu hergestellt werden. 1912 hatte der Industrielle Emil Löwenbach Adolf Loos mit Raumplanung und Innengestaltung beauftragt. Loos zog alle Register. Neben Schönheit war Funktionalität oberstes Gebot für die Mietwohnung, die mittlerweile unter Denkmalschutz steht.

Vitrinen mit Gläsern, weißer Marmor und ein Bild von einer Windmühle in einer Holzkassette
Einbaukästen sind ein wiederkehrendes Element bei Adolf Loos. Hier werden Lobmeyr-Gläser aufbewahrt.
Johanna Ruzicka

Die jüdische Familie Löwenbach konnte ihr Refugium nicht lange nutzen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren alle drei Familienmitglieder, die hier gelebt hatten, tot. Wie die Wohnung arisiert wurde, ist nicht bekannt, auch nicht, welche "Hausherren" das Kleinod während des Nationalsozialismus für sich reklamierten. Wahrscheinlich wurden die Räume als Offizierskasino genutzt. Wenn es im Winter besonders kalt war, wurden schon auch einmal die wertvollen Vertäfelungen aus indischem Zitronenholz zum Heizen genutzt. (Johanna Ruzicka, 27.5.2024)