Von welchen Medienmenschen wird man 2024 mehr hören? Seit Österreichs größte multimediale Redaktion mit rund 370 Journalistinnen und Journalisten zur ORF-Generaldirektion gehört, wurde das mit einem Mal einer der größten Bereiche im ORF. Im Februar stehen dort Betriebsratswahlen an, und der Journalist Alexander Schrems tritt mit einer neuen Liste an. Der Betriebsrat hat in Österreichs größtem Medienkonzern einiges Gewicht – fünf seiner Vertreterinnen und Vertreter sitzen etwa im entscheidenden ORF-Stiftungsrat.

Alexander Schrems tritt mit einer neuen Liste bei der Betriebsratswahl in der ORF-Generaldirektion an.
Journalist Alexander Schrems tritt mit einer neuen Liste bei der Betriebsratswahl in der ORF-Generaldirektion an.
Andreas Friess Bearbeitung DER STANDARD

Überraschung!

Vor ziemlich genau einem Jahr versuchte es der amtierende Betriebsratsvorsitzende der ORF-Generaldirektion mit einer Überraschung. Ein Jahr vor dem regulären Termin für die Personalvertretungswahl in dem Betriebsratsbereich und kaum ein halbes Jahr seit der Übersiedlung der Redaktionen von TV, Radio und Online in einen gemeinsamen, nun der Generaldirektion zugeordneten Newsroom ließ der örtliche Betriebsratschef Konrad Mitschka über eine vorzeitige Auflösung und vorgezogene Neuwahlen abstimmen – bevor sich Hunderte neu dazugekommene Journalistinnen und Journalisten des ORF zu neuen Listen formieren konnten.

Vereinbart war unter den betroffenen Betriebsräten von TV, Radio, Online und Generaldirektion: Bis zur regulären Bestellung eines neuen Betriebsrats der Generaldirektion im Februar 2024 bleiben alle bisher zuständigen Betriebsräte die Vertreter der Journalistinnen und Journalisten.

Der Coup scheiterte am Arbeitsverfassungsgesetz: Einer vorzeitigen Auflösung der Personalvertretung muss eine Mehrheit aller Betriebsräte des Bereichs zustimmen – Enthaltungen senken das Quorum hier nicht. Der Betriebsrat nahm die verkündete Auflösung gleich wieder zurück, es bleibe beim regulären Termin 2024.

In den nächsten Wochen soll die Wahl nun mit einer Betriebsversammlung und Listenerstellung ihren üblichen Weg nehmen, im Februar dürfte abgestimmt werden. Bisher hatte der Bereich Generaldirektion rund 350 Wahlberechtigte, rund 370 kamen dazu. Die "GD" dürfte nun – nach der unverändert gewichtigsten Technik – zweitgrößter Betriebsratsbereich im ORF werden.

Herausforderer

Gegen den amtierenden Betriebsratschef Mitschka, Vorsitzender einer Unabhängigen-Liste in der Generaldirektion, tritt nun der Journalist Alexander Schrems an, wie dieser auf Anfrage bestätigt. Schrems war bisher Listenzweiter von TV/Programm-Betriebsratschefin und ORF-Stiftungsrätin Christiana Jankovics, die in der Programmdirektion blieb.

Schrems ist seit 2008 Betriebsrat für die "Unabhängigen" im Betriebsrat Fernsehen-Programm, seit Februar 2023 ist er freigestellt und erster Stellvertreter der Vorsitzenden Christiana Jankovics. Redaktionell hat Schrems in der "ZiB"-Innenpolitik, als Chef vom Dienst verschiedener "ZiB" und Sondersendungen – etwa jener zum Ibiza-Video – gearbeitet. Zuletzt war Schrems in der Außenpolitikredaktion der "ZiB" tätig.

Wahlreigen bis zum Zentralbetriebsrat 2025

Die Personalvertretung hat im ORF besonderes Gewicht: Der Zentralbetriebsrat des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, zusammengesetzt aus und gewichtet nach den Betriebsratsbereichen, entsendet nach geltendem Gesetz fünf der 35 Mitglieder des ORF-Stiftungsrats, die dort gleichberechtigt über Geschäftsführung, Budgets, Programmschemata und alle unternehmerischen Fragen des größten Medienkonzerns in Österreich mitentscheiden.

Oft schon spielten in der Vergangenheit Betriebsräte eine entscheidende Rolle bei der Bestellung von ORF-Generaldirektorinnen und -Generaldirektoren – wenn die Kanzlerpartei nicht gerade wie derzeit allein eine Mehrheit im obersten ORF-Gremium hat.

Der Verfassungsgerichtshof verlangt bis Ende März 2025 eine (etwas) weniger regierungsnahe Besetzung des Stiftungsrats. Eine Reform der ORF-Gremien könnte aber auch den Personalvertretern eine andere Position zumessen. Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) ließ zuletzt wissen, dass sie es mit der Reform nicht so eilig habe; damit könnte auch erst eine künftige Regierung eine solche Reform umsetzen, dann aber mit recht wenig zeitlichem Spielraum.

Bis zu einem neuen ORF-Zentralbetriebsrat in einem Jahr wählen noch alle Betriebsratsbereiche im ORF bis auf das Programm ihre Personalvertreter neu – also Radio, Finanzdirektion und Technik. Da könnte einiges in Bewegung kommen. Der jüngste Gehaltsabschluss um 4,6 Prozent plus einmaligen "Teuerungsausgleich" (nach 2,1 Prozent Ende 2022 und zu damals schon vereinbarten 2,4 für 2024) sorgte für heftigen Grant auf die Personalvertretung.

Der Wahlreigen beginnt nun mit der Generaldirektion im Februar. Man wird davon noch hören. (fid, 5.1.2024)