Von welchen Medienmenschen wird man 2024 noch hören? Von Sebastian Prokops Wirken als neuer ORF-Chefredakteur in Österreichs größter Redaktion mit rund 370 Journalistinnen und Journalisten wird man noch einiges zu hören und zu sehen bekommen. Prokop ist für ORF.at zuständig, das sich seit Ende 2023 verstärkt Richtung Videonews bewegt. Und er arbeitet am vom ORF angekündigten Youtube-Kanal für die "ZiB". Prokop arbeitet damit in einem medienpolitischen Minenfeld.

ORF-Chefredakteur Sebastian Prokop.
Arbeitet an "ZiB"-Kanal auf Youtube: ORF-Chefredakteur Sebastian Prokop.
ORF/Martin Krachler Bearbeitung DER STANDARD

Zentraler Streitpunkt mit Privaten

Sebastian Prokop ist mit ORF.at in der Chefredaktion zuständig für den zentralen Streitpunkt zwischen privaten Medienhäusern und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Mehrere Beschwerden privater Medienunternehmen gegen das neue ORF-Gesetz und die neuen Möglichkeiten des ORF online sowie dessen Finanzierung durch einen ORF-Beitrag von allen liegen bei der EU-Kommission in Brüssel. Sie verlangen eine eingehende Prüfung des ORF-Beitrags als gegenüber der GIS neue beziehungsweise grundlegend geänderte Beihilfe durch die EU.

Das Bundeskanzleramt hat zum neuen Beitrag ein Gutachten bei Walter Obwexer in Auftrag gegeben. Der Universitätsprofessor für Europarecht, Völkerrecht und Internationale Beziehungen und Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät in Innsbruck kommt zum Schluss, es gebe "keine wesentlichen Änderungen" gegenüber der bisherigen GIS, der Beitrag sei "keine neue Beihilfe" und müsse daher nicht von der EU neu notifiziert (also geprüft und anerkannt) werden. (PDF-Link zum Gutachten auf der Seite des Medienministeriums).

ORF-Gutachten gegen Aus für ORF.at

Private Medien werfen dem ORF existenzbedrohende Wettbewerbsverzerrung mit "zeitungsähnlichen" Onlineangeboten wie der "blauen Seite" vor. Dazu gab der ORF ein Gutachten bei drei deutschen Medienökonomen in Auftrag, dessen Ergebnisse gerade im ARD-Forschungsmedium "Media Perspektiven" veröffentlicht wurden. Sie kommt zum Schluss, dass "die positiven Effekte für den Absatz von Digitalabonnements der Presseverlage im Schnitt vernachlässigbar gering wären". Profitieren würden indes nicht kostenpflichtige Angebote, heißt es in dem Gutachten, und die sehen die Autoren dieser Studie vor allem bei anderen Angeboten als jenen von Medienhäusern. Der Zeitungsverband VÖZ verweist in einer Reaktion auf eine Studie des deutschen Medienverbands BDZV, die zu anderen Schlüssen komme.

Das neue ORF-Gesetz schreibt für die "blaue Seite" ORF.at ein Verhältnis von zwei Dritteln Videobeiträgen und einem Drittel Textbeiträgen vor, und pro Woche nicht mehr als 350 Textbeiträge. Private Medienhäuser werfen dem ORF vor, dass er das Textlimit mit Link-Artikeln zu anderen ORF-Onlineseiten umgehe, für die es keine Beschränkungen gibt. ORF-General Roland Weißmann wies die Vorwürfe zurück, ORF.at entspreche voll und ganz den Vorgaben des ORF-Gesetzes. Der ORF-Chef drohte, mit Klagen gegen solche Vorwürfe vorzugehen.

Arbeiten im medienpolitischen Minenfeld

In diesem medienpolitischen Spannungsfeld arbeitet Sebastian Prokop, seit Dezember neben Johannes Bruckenberger und Gabi Waldner-Pammesberger Chefredakteur der ORF-Nachrichtenredaktion. Prokop ist zuständig für "Newsteams", und dazu gehört neben Breaking News und Kurznachrichten auf allen Medien sowie Social Media auch ORF.at.

Prokop arbeitet, so hört man auf dem Küniglberg, derzeit daran, die Nachrichtenproduktion für ORF.at zu steigern. Der ORF hat zudem für 2024 einen eigenen Youtube-Kanal für die ORF-Nachrichtenmarke "ZiB" zu starten, der für Social Media zuständige ORF-Anchor und Vizechefredakteur Armin Wolf kündigte den Start des Channels in einem "ZiB"-Podcast zum Jahreswechsel "in den nächsten Monaten" des neuen Jahres an.

Auf Prokops To-do-Liste in der Chefredaktion stehen nach Infos aus dem ORF zudem ein neues Nachrichtenformat für Ö3. Gerade auf Ö3 sollen sich schon Hörerinnen und Hörer im ORF-Management auch positiver stimmende Infos gewünscht haben.

Thema sollen auch mehr Breaking-News-Einstiege auf allen ORF-Sendern und Plattformen sein – nicht ganz überraschend in Zeiten multipler Krisen und eines auch internationalen Superwahljahrs. (fid, 16.1.2023)